Follow the Jeans
Geographien der Jeansproduktion in Fast- und Fair Fashion
(Greenpeace 2015: 2)
Kleidungsbestand in Deutschland bei 18 bis 69-Jährigen (Greenpeace 2015: 3) Für die gesammelten Ergebnisse der Greenpeace-Studie klicken Sie hier .
So lautet eine Unterüberschrift einer von Greenpeace in Auftrag gegebenen Studie zum Umgang mit Kleidung, die in Deutschland durchgeführt wurde (Greenpeace 2015: 2). Das bedeutet, dass knapp ein Drittel der sich in deutschen Kleiderschränken befindenden Kleiderstücke nie oder nur sehr selten getragen werden - meistens Stücke, die in der Fast-Fashion-Industrie unter prekären Bedingungen für Mensch und Umwelt hergestellt werden (ebd.: 1f.).
Obwohl immer mehr Menschen diese Umstände bekannt sind, ist für die letztendliche Kaufentscheidung häufig das Aussehen und der niedrige Preis und nicht die nachhaltige Produktion von Kleidungsstücken entscheidend (ebd.: 1). Das äußert sich beispielsweise an den hohen Verkaufszahlen von großen Fast-Fashion-Produzenten, wie es in der folgenden Grafik dargestellt ist.
European fast fashion brands ranked by units sold (https://www.statista.com/statistics/1094257/european-fast-fashion-brands-ranked-by-units-sold/)
Aber woran liegt das? Ist den Konsument:innen trotzdem die Tragweite der Auswirkungen nicht im vollen Umfang bewusst? Wissen wir häufig doch nicht so genau wer die Kleidungsstücke unter welchen Bedingungen herstellt und welche Risiken für die Umwelt in den Produktionsländern dabei in Kauf genommen werden? Mit dem „Follow the Thing“ Ansatz sollen genau diese Fragen geklärt werden. Dieser wurde beispielsweise von Ian Cook et al. auf die Papaya angewendet, kann aber im Grunde für alle Produkte und auch Daten und Ähnlichem genutzt werden. Dabei wird ein Produkt vom ersten Schritt der Produktion bis zum Verkauf verfolgt (vgl. Cook et al. 2004). Dabei sollen Aspekte wie Arbeitsbedingungen, Transportwege, die Rolle des Konsumenten und vieles mehr beachtet werden (ebd.).
Vor allem Aspekte wie die Arbeitsbedingungen der Näher:innen und die langen Transportwege sind aktuell auf Grund der Corona Pandemie wieder mehr in das Bewusstsein der Konsumierenden gerückt.
Zu den Auswirkungen durch die Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Beschränkungen
„Seit Ausbruch der Pandemie gab es einen starken Einbruch der globalen Lieferkettenströme. Die Textilindustrie mit ihren globalen und arbeitsintensiven Lieferketten ist besonders stark betroffen, da zunächst Rohstofflieferungen aus China ausblieben und anschließend die weltweite Nachfrage einbrach." (Scheper 2020: v)
Zu den Auswirkungen auf die globalen Lieferketten gehören beispielsweise Probleme bei der Zulieferung von Rohstoffen oder Einzelteilen und auch Probleme bei der Auslieferung der fertigproduzierten Waren (ebd.: vi).
Zusätzlich zu den Lieferschwierigkeiten kam es auch zu einem Nachfrageeinbruch, der vor allem durch die Schließung des Einzelhandels verursacht wurde und weitreichende Folgen hatte:
„Despite pressures from transnational labor rights activists to support garment workers (Clean Clothes Campaign, 2020), fast fashion brands such as Primark, C&A, and Zara have canceled orders, which has a significant impact on garment workers around the world (Workers Rights Consortium, 2020). The Center for Global Worker Rights (CGWR) conducted a survey of Bangladeshi garment manufacturers, estimating buyers have canceled $1.44 billion worth of garment exports, leaving factory owners unable to pay their workers (Anner, 2020). Home garment workers, who typically lack formal employment contracts, are excluded from any financial support offered by brands, manufacturers, and/or governments (Nagaraj, 2020). Moreover, migrant garment workers are uniquely impacted by precarious labor under government lockdowns (Samaddar, 2020).” (Brydges und Hanlon 2020: 196)
Im Zuge dessen kam es unter anderem zu:
- Entlassungen
- erzwungenen Beurlaubungen und Freistellungen
- Kürzung von Löhnen (Scheper 2020: vi)
In Reaktion auf diese Umstände werden aber auch Stimmen laut, die eine Veränderung der fashion supply chains und eine Abkehr von Fast Fashion wünschen.
Aber erst einmal einen Schritt zurück zu der Frage:
Was ist Fast Fashion überhaupt und warum ist sie ein Problem?
Zunächst einmal eine kurze Definition:
"Fast fashion is a term used to describe the readily available, inexpensively made fashion of today. The word “fast” describes how quickly retailers can move designs from the catwalk to stores, keeping pace with constant demand for more and different styles. With the rise of globalization and growth of a global economy, supply chains have become international, shifting the growth of fibers, the manufacturing of textiles, and the construction of garments to areas with cheaper labor. Increased consumption drives the production of inexpensive clothing, and prices are kept down by outsourcing production to low and middle-income countries (LMICs)." (Bick et al. 2018: 1).
Weg einer Jeans vom Baumwollanbau bis zur Entsorgung (https://diercke.westermann.de/content/globale-warenketten-am-beispiel-jeans-978-3-14-100800-5-271-4-1https://www.ecosia.org)
Um die einzelnen Produkte möglichst kostengünstig und in großen Mengen produzieren zu können, werden also viele Produktionsschritte in Länder mit „günstigeren Produktionsbedingungen“ verlagert, wie beispielsweise Bangladesch, wo viele der Klamotten für den europäischen und amerikanischen Markt gefertigt werden. Diese Verlagerung führt zu langen supply chains, wie es hier anhand der Produktion einer Jeans der Fast Fashion Industrie zu sehen ist. In diesem Beispiel wird die Baumwolle in Kasachstan hergestellt, die dann in der Türkei zu Garn gesponnen, in China gefärbt und Polen zu Stoff gewebt wird. Anschließend wird dieser in Bangladesch zur Jeans vernäht und in China veredelt. Über den Großhandel in Belgien gelangt die Jeans dann schließlich in den deutschen Einzelhandel, nachdem sie zwischen den unterschiedlichen Produktionsschritten mehrere tausend Kilometer zurückgelegt hat.
Damit die Kunden in Europa und Amerika die Ware zu geringen Preisen erhalten können, werden prekäre Arbeitsbedingungen und Umweltverschmutzungen in Kauf genommen. Zu den prekären Arbeitsbedingungen zählen unter Anderen unzureichende Bezahlung, fehlende Absicherungen und der Kontakt mit Chemikalien, die auch im Folgenden aufgegriffen werden und in den Bildern exemplarisch dargestellt sind.
Umweltverschmutzung und Arbeitsbedingungen in Textilfabriken der Fast-Fashion-Industrie (https://www.miss.at/fast-fashion-zweitgroesster-umweltverschmutzer-der-welt/; https://www.oeko-planet.com/magazin/fast-fashion; https://www.vogue.de/mode/artikel/giftstoffe-in-kleidung)
Follow The Thing
Um besser zu verstehen, woher unsere Kleidung kommt, wollen wir ein Kleidungsstück in seiner Herstellung zurückverfolgen: die Jeans. Diesem Kleidungsstück wollen wir dem „Follow The Thing“-Ansatz nachempfunden auf geographischer Ebene folgen: vom Baumwollanbau bis zum Verkauf. Ursprünglich stammt dieser Ansatz von Cook et al. 2004, die die globale Reise einer Papaya vom Anbau auf Jamaica bis zum Verkauf in einem britischen Supermarkt verfolgten. Auf der Website http://www.followthethings.com/ kann die Herstellung einer Vielzahl weiterer Produkte nachvollzogen werden. Dieser Ansatz soll aufzeigen, woher die Ware kommt, die wir täglich konsumieren und auf Arbeitsbedingungen, Transportwege und die Rolle von Konsument:innen eingehen (ebd).
Geographies of Jeans
Ein klassisches Beispiel für negative Umweltauswirkungen und lange Lieferketten in der Modeindustrie ist die Produktion von Jeanshosen. Insgesamt werden jährlich auf globaler Maßstabsebene zwei Milliarden neue Jeans produziert (Amutha 2017), womit ein sehr hoher Chemikalieneinsatz und die Nutzung großer Wassermengen einhergeht.
Allein für die Produktion einer Jeans werden durchschnittlich zwischen 5.700 und 15.000 l Wasser benötigt und 0.5 kg an Chemikalien eingesetzt (Amutha 2017: 27; Textile Exchange 2014).
Dies führt häufig an den Produktionsstandorten zu einer starken Belastung von Gewässern, Böden und zu gravierenden Auswirkungen auf die Gesundheit der Arbeiter:innen und Anwohner:innen.
Umweltauswirkungen der Jeansproduktion (https://www.nrdc.org/stories/are-my-denim-jeans-bad-environment).
Mehr Informationen über die Jeansproduktion sind in diesem Video zu finden:
Das schmutzige Geschäft mit der Jeans (Dokumentation) HD
Um eine Jeans zu produzieren ist eine Vielzahl an Arbeitsschritten nötig, die häufig in Arbeitsteilung in einer Vielzahl von Ländern stattfinden. Die Produktionsschritte einer Jeans gliedern sich hierbei klassischerweise nach Browne et al. 2005 wie folgt:
1. Baumwollanbau: Im Baumwollanbau sind bestimmte klimatische Grundvoraussetzungen erforderlich, sodass Baumwolle nur in den Tropen und Subtropen wächst. Zu den Hauptanbaugebieten zählen die USA, Indien, Ägypten, China oder auch Griechenland. Beim Baumwollanbau der Jeans werden häufig großen Wassermengen benötigt und eine Vielzahl an Chemikalien eingesetzt, um die Ernteerträge zu steigern.
2. Spinnen, Färben und Weben: Die geerntete Baumwolle wird anschließend in Spinnereien zu Fäden gesponnen und daraufhin gefärbt (häufig mit der Farbe Indigo) (Amutha 2017). Im Anschluss werden die Baumwollfäden sie zum sogenannten Denimstoff gewoben.
3. Konfektion: Der fertige Stoff wird nun zugeschnitten und genäht. Im Anschluss hieran erhält die Jeans ihren finalen Look, indem sie häufig unter Einsatz von Chemikalien weiterbearbeitet wird, etwa um die Farbe der Jeans aufzuhellen und somit einen Used-Look zu erzielen.
4. Import der Jeans zum Absatzmarkt: In diesem Schritt wird die Jeans zu dem Absatzmarkt transportiert, auf dem sie verkauft werden soll.
5. Distribution im Absatzland: Daraufhin wird die Jeans meist an Einzelhändler im Zielland verteilt.
6. Verkauf: Am Ende kann die fertige Jeans von Konsument:innen im Einzelhandel erworben werden.
Lieferkette einer Jeans für den französischen Markt. Browne et al. 2005: 775.
Wie aus den oben beschriebenen Arbeitsschritten deutlich wird, legen die Jeans im Produktionsprozess meist sehr weite Distanzen zurück. So kann eine Jeanshose für den französischen Markt vom Baumwollanbau in Usbekistan bis zum Einzelhandel mehr als 27.000 km zurücklegen, wovon etwa 20.000 km der Strecke Seeweg sind (Browne et al. 2005: 775).
Um diese Distanzen anhand eines konkreten Beispiels zu verdeutlichen, zeigen wir im Folgenden die Lieferkette einer Levi’s® 501® Jeans auf.
Lieferkette und Produktionsstandorte einer Levi’s® 501®. Quelle: Levi Strauss & Co. 2015: 50.
Die Lieferkette einer Levi’s® 501® kann auf geographischer Ebene unterschiedlich gegliedert sein, relevant ist hierbei vor allem ob die Jeans für den US-amerikanischen, europäischen oder asiatischen Markt produziert wird. Bereits die Länder der Baumwollproduktion sind vielfältig. Hierzu zählen: die Vereinigten Staaten, Mexiko, Brasilien, China, Griechenland oder Pakistan (Levi Strauss & Co. 2015: 50). Zu Garn versponnen, gefärbt und gewebt wird die Baumwolle anschließend in Mexiko, China oder Pakistan. Die anschließende Konfektion der Jeans, also das Zuschneiden und Nähen sowie das finale Finishing findet in Mexiko, Haiti, Ägypten, Polen, der Türkei, Pakistan oder Bangladesch statt (ebd.). Anschließend werden die Jeans in die Distribution Center des jeweiligen Markts transportiert. Das sind für den US-amerikanischen Markt Nevada, Kentucky und Mississippi und in Europa Frankreich, Spanien und das Vereinigte Königreich (ebd.). Von den Distribution Centern werden die Jeans in den USA und Europa an den Einzelhandel und Großhandel sowie im Online-Handel verkauft; auf dem asiatischen Markt erfolgt der Verkauf lediglich über den Einzelhandel.
Insgesamt werden über den Lebenszyklus einer Levi’s® 501® 33,4 kg CO2-Equivalente emittiert, dies entspricht den Emissionen, die bei einer Autofahrt von 111 km in einem durchschnittlichen US-amerikanischen Auto freigesetzt werden (Levi Strauss & Co. 2015: 17). Des Weiteren werden 3.781 l Wasser verbraucht, was in etwa dem kompletten 3-tägigen Wasserverbrauch eines US-amerikanischen Haushalts entspricht (ebd.).
Aufgrund dieser hohen Umweltbelastungen in der Modeindustrie und in der Jeansproduktion gibt es seit mehreren Jahren Bemühungen einzelner Unternehmen, die Produktion von Mode nachhaltig zu gestalten und innerhalb der EU zu produzieren. Hierdurch können bessere Arbeitsbedingungen gewährleistet werden, Transportwege verkürzt werden und verursachte Umweltverschmutzungen minimiert werden. In Abgrenzung zu den Produktionsbedingungen von Fast Fashion wird diese Mode häufig als Fair Fashion oder Nachhaltige Mode bezeichnet. Im Folgenden soll nun im Kontrast zur konventionellen Jeansproduktion mit globalen Lieferketten die Produktion einer größtenteils in Deutschland hergestellten fairen und ökologischen Jeans aufgezeigt werden. Hierbei handelt es sich um die Franconian Denim des oberfränkischen Labels bleed.
Fair-Fashion Jeansproduktion am Beispiel der Franconian Denim
Das Label bleed
Helmbrechts
- Das Label bleed wurde 2008 von Michael Spitzbarth in Helmbrechts gegründet, nachdem dieser mit den vielfältigen schlechten Aspekte der Fast-Fashion-Industrie unzufrieden war und sich entschloss ein faires Modelabel zu gründen. So ist eine Fair-Fashion-Firma entstanden, die auf faire, nachhaltige und zum Teil regionale Mode setzt. Das Unternehmen ist GOTS-zertifiziert (siehe unten). Die Kleidung wird bisher zum Großteil für den deutschen Markt produziert und sowohl online, als auch über ein Geschäft im Gründungsort Hembrechts verkauft. Produziert wird die Ware hauptsächlich in Portugal und China (Spitzbarth 2021).
- Als Material wird nur Nachhaltiges und Recyceltes verwendet. Woher die verwendeten Materialien ursprünglich kommen, wird auf der untenstehenden Karte deutlich. Die Materialien kommen zum Teil aus nachwachsenden Rohstoffen, wie Kork oder aus "Müll", der aufbereitet wird, wie Econyl, das aus kaputten Fischernetzen hergestellt wird.
Verwendete Materialien von Bleed Herkunft (https://www.bleed-clothing.com/blog/)
GOTS-Zertifizierung
GOTS-Siegel (https://global-standard.org/)
Vergleich konventionelle Herstellung und GOTS-zertifizierte Herstellung (https://www.siebenblau.de/Wissenswertes-rund-um-kbA-und-fairtrade-Baumwolle/Textil-Label-und-Zertifikate/Global-Organic-Textile-Standard-GOTS)
Die Franconian-Denim, sowie alle anderen Produkte von Bleed und das Unternehmen selbst, sind GOTS-zertifiziert. GOTS steht für Global Organic Textile Standard und ist die führende Zertifzierung in Bereich Fair-Fashion. Bei diesem Siegel handelt es sich um eine Zertifizierung der gestamten Produktionskette, also vom Anbau bis zum fertigen Produkt. Erst wenn alle Aspekte in jedem Schritt erfüllt sind, wird das Siegel vergeben. Diese Aspekte erstrecken sich sowohl über ökologische, als auch über soziale Kriterien. Die Kriterien sind hierbei (Bleed 2021):
- Chemikalien: Zum Bearbeiten der Stoffe dürfen keine umwelt- oder gesundheitsschädlichen Chemikalien verwendet werden
- Sozialkriterien: Die Sozialkriterien sind umfassend und basieren auf den Kriterien der Internationalen Arbeitsorganisation. Dazu gehört das Verbot von Kinderarbeit, das Zahlen von gerechten Löhnen, das Einhalten von Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften, etc.
- Logistik: GOTS-zertifizierte Produkte müssen so gelagert werden, das sie nicht mit unzulässigen Substanzen kontaminiert werden oder mit konventionellen Produkten vermischt werden. Die Verpackung muss aus recyceltem Material stammen oder zertifiziert sein. Der Transport der Produkte muss dokumentiert werden.
- Wasseraufbereitung: Das verwendete Wasser im Laufe der Produktion muss gesäubert werden, bevor es der Umwelt zurückgeführt wird. So wird sichergestellt, das keine schädlichen Chemikalien in die Umwelt abgegeben werden.
- Überprüfung: Um das hohe Niveau des Siegels beizubehalten werden regelmäßige Prüfungen durchgeführt. Dabei werden sowohl Produkte geprüft, als auch Händler, Verarbeitungsbetriebe, etc.
Material: Das Material für die Kleidung darf nur zu einem geringen Teil aus synthetischen Stoffen bestehen, der Großteil muss natürliches Bio-Material sein (z.B. Bio-Baumwolle)
Mehr Infos zur GOTS-Zertifizierung hier .
Die Franconian Denim
"radikal regional" (Spitzbarth 2021)
Die Franconian Denim (https://www.bleed-clothing.com/deutsch/franconian-denim)
Die Idee zur Franconian Denim ist dem bleed-Gründer Michael Spitzbarth ganz nach fränkischer Manier bei einem Bier vor gut fünf Jahren mit dem Besitzer der im gleichen Ort wie das Label ansässigen Weberei Wirth gekommen. Die Idee zur Jeans aus Franken und nicht etwa einem anderen Kleidungsstück begründet Michael Spitzbarth folgendermaßen: „Jeans sind wirklich ein ‚dirty business‘, mit den ganzen Färbeverfahren und dubiosen Lieferketten“ (Spitzbarth 2021). Außerdem fand er die Idee reizvoll eine Jeans in der Region zu produzieren, in der Levi Strauss geboren wurde.
"Es wäre doch saucool, das Ding wieder nach Franken zu holen" (Spitzbarth 2021).
Die Idee zur Jeans „Made in Germany“ kam auch deshalb, um die häufig in der Denimproduktion stattfindende Umweltverschmutzung sowie die Missachtung von sozialen Standards im Globalen Süden zu vermeiden. Die Franconian Denim sollte komplett vegan, bio und fair produziert werden (bleed 2021). Von der Idee bis zur fertigen ersten Jeans war es allerdings ein langer Weg der insgesamt vier Jahre dauerte und über den hinweg einige Schwierigkeiten überwunden werden mussten (Spitzbarth 2021). So sollte die Franconian Denim komplett vegan hergestellt werden. Die Schlichte, ein Herstellungsschritt bei der Fertigung von Denim-Stoff, ist allerdings traditionell nicht vegan, sodass erst ein passendes Unternehmen gefunden werden musste, das eine vegane Alternative bot. Eine weitere Schwierigkeit war die Verarbeitung des Denim-Stoffes zu einer fertigen Jeans, da für das Nähen mit Denim besonderes Know-How und spezielle Nähmaschinen gebraucht werden; die meisten Nähereien aus diesem Bereich sind allerdings in den vergangenen Jahren ins Ausland abgewandert. Das grundlegendste Problem, das auch dafür sorgt, dass die Jeans nicht 100-prozentig aus Deutschland stammt, ist die Baumwolle. Da Baumwolle nicht in den hiesigen Breitengraden wächst, wird die Jeans mit Bio-Baumwolle aus Indien oder der Türkei, welche in Pakistan weiter zu Garn versponnen wird gefertigt. Alle weiteren Schritte der Produktion finden allerdings in Franken bzw. in Deutschland statt. Ursprünglich wurde die Jeans nur im lokalen Store von bleed in Helmbrechts verkauft, mittlerweile ist sie aber auch auf der Website des Labels zu finden. In der folgenden interaktiven Karte kann die Lieferkette der Jeans Schritt für Schritt weiterverfolgt werden: Vom Baumwollanbau bis zum fertigen Produkt.
Trotz dieser schon möglichst kurz gestalteten Lieferkette legen die Komponenten der Jeans von der Baumwolle bis zum fertigen Produkt insgesamt eine Distanz von etwas mehr als 21.000 km zurück. Diese Länge entspricht in etwa der Hälfte des gesamten Äquators. (Die Distanz der Jeanslieferkette bezieht sich auf eine eigene Rechnung: Hierin ist auch die Distanz einzelner Bestandteile der Franconian Denim wie etwa dem Korkpatch oder des Elasthan-Garns mit eingerechnet. Auch wurde bei der Baumwolle davon ausgegangen, dass es sich um einen Blend aus indischer und türkischer Baumwolle handelt. Es wurde hierbei nicht mit Distanzen per Luftlinie gerechnet, sondern mit den optimalen Routen per Schiff oder LKW je nach Abschnitt der Lieferkette. Bei Standorten der Lieferkette von jenen die genaue Adresse des Unternehmens bekannt war wurde mit dieser gerechnet, bei Länderangaben wurde der Mittelpunkt des Landes gewählt).
Insgesamt schneidet die Franconian Denim in ihrer CO2- Bilanz um ein wesentliches besser ab als eine konventionell produzierte Jeans.
So werden etwa für die Produktion und den Lebenszyklus einer Levi’s® 501® Jeans 33,4 kg CO2-Equivalente emittiert. Für den Herstellungsprozess der Franconian Denim hingegen werden pro Jeans lediglich 14,3 kg CO2-Equivalente freigesetzt (Spitzbarth 2021).
Fazit
Die Fast-Fashion-Industrie hat viele negative Seiten, wie die schlechten Arbeitsbedingungen oder langen Lieferketten. Mit allen Möglichkeiten wird versucht die Preise so gering wie möglich zu halten, um möglichst viel Umsatz zu erwirtschaften. Die niedrigen Preise sorgen dafür, dass sehr viel verkauft wird, so dass die Kund:innen eine Vielzahl an Kleidung besitzen, die zum Teil nur sehr wenig genutzt wird. Im Gegensatz dazu stehen Fair-Fashion-Firmen, die versuchen so gut es geht nachhaltige und fair produzierte Kleidung anzubieten. Als Beispiel steht hierbei die Firma bleed, die im Zuge der Nachhaltigkeit Ambitionen verfolgt, Bio-Kleidung mit kurzen Lieferketten, wenn möglich regional herzustellen. So zeigt die Franconian Denim, dass es möglich ist eine Jeans zu herzustellen, bei deren Produktion gute Arbeitsbedingungen herrschen, geringere CO2-Mengen emittiert werden und kürzere Lieferketten mit einem Fokus auf Regionalität den Produktionsprozess auszeichnen. Dieses positive Beispiel könnte Impulse für Unternehmen bieten, ebenfalls faire Mode herzustellen und so bei den Konsument:innen ein Umdenken zu fördern.
Quellen:
Amutha, K. (2017). Environmental impacts of denim. In S. S. Muthu (Hrsg.), Sustainability in Denim (27-48). United Kingdom: Woodhead Publishing.
Bick, R., Halsey, E. und Ekenga, C. C. (2018). The global environmental injustice of fast fashion. Environmental Health, 17 (92). https://doi.org/10.1186/s12940-018-0433-7.
bleed (2021). Warum es gar nicht so einfach ist eine Jeans in Deutschland herzustellen - Die Franconian Denim. Bleed clothing blog. https://www.bleed-clothing.com/blog/2021/02/04/franconian-denim/ .
bleed (2021). GOTS-zertifizierte Produkte bei bleed. bleed clothing. https://www.bleed-clothing.com/deutsch/gots-zertifiziert .
Browne, M., Rizet, C., Anderson, S., Allen, J., & Keïta, B. (2005). Life cycle assessment in the supply chain: a review and case study. Transport Reviews, 25 (6), 761-782.
Brydges, T. und Hanlon, M. (2020). Garment worker rights and the fashion industry’s response to COVID-19. Dialogues in Human Geography, 10 (2), 195-198.
Cook, I. et al. (2004). Follow the Thing: Papaya. Antipode, 36 (4), 642-664.
Greenpeace (2015). Wegwerfware Kleidung Repräsentative Greenpeace-Umfrage zu Kaufverhalten, Tragedauer und der Entsorgung von Mode. Verfügbar unter: https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/20151123_greenpeace_modekonsum_flyer.pdf.
Levi Strauss & Co. (2015). The Life Cycle of a Jean - Understanding the environmental impact of a pair of Levi's 501 jeans. Verfügbar unter: http://levistrauss.com/wp content/uploads/2015/03/Full-LCA-Results-Deck-FINAL.pdf.
Scheper, C. (2020). SYNTHESEBERICHT: Auswirkungen von COVID-19 auf die Textilindustrie. Verfügbar unter: https://saubere-kleidung.de/wp-content/uploads/2020/11/Auswirkung-Covid19-Pandemie-Synthesebericht_Zivilgesellschaft-im-Textibuendnis.pdf.
Spitzbarth (2021). Experteninterview mit dem Gründer des Fair Fashion Labels bleed am 07.07.2021.
Textile Exchange (2014). Life Cycle Assessment (LCA) of Organic Cotton – A global average. Verfügbar unter: https://textileexchange.org/wp-content/uploads/2017/06/TE-LCA_of_Organic_Cotton-Fiber-Summary_of-Findings.pdf .