
Nationalsozialistische Propaganda Kartographie in der Schule
Propaganda-Kartographie in der Nationalsozialistischen Bildung zwischen 1930-1945

Bachelorarbeit – zur Erlangung des Grades eines „Bachelor of Engineering“
Berliner Hochschule für Technik
Fachbereich III - Bauingenieur- und Geoinformationswesen – Studiengang: Geoinformation
Erstbetreuer: Prof. Dr. rer. nat. Immelyn Domnick
Zweitbetreuer: Prof. Dr. Florian Hruby
Leonhard Schumann
Matrikelnummer: 902125
E-Mail: s81910@bht-berlin.de
“Gewiß hat jede Karte wahr zu sein – kartographische Lügen haben sehr kurze Beine –, aber schädliche Zufälligkeiten muß man zu verschweigen wissen, wenn der besondere Fall ganz klar herausstellt, werden soll.” (KNEIPER 1936)
“Die Propaganda an sich hat keine eigene grundsätzliche Methode. Sie hat nur ein Ziel; und zwar heisst dieses ziel in der Politik immer: Eroberung der Massen. Jedes Mittel, das diesem Ziel dient, ist gut. Und jedes Mittel, das an diesem Ziel vorbeigeht, ist schlecht.” GOEBBELS (1932) [1]
“Die erste Aufgabe der Propaganda ist die Gewinnung von Menschen für die spätere Organisation; die erste Aufgabe der Organisation ist die Gewinnung von Menschen zur Fortführung der Propaganda. Die zweite Aufgabe der Propaganda ist die Zersetzung des bestehenden Zustandes und die Durchsetzung dieses Zustandes mit der neuen Lehre, während die zweite Aufgabe der Organisation der Kampf um die Macht sein muss, um durch die den endgültigen Erfolg der Lehre zu erreichen.” HITLER (1933) [2]
Propagandakartographie
Propagandakarten haben schon im Mittelalter ihre ersten Einflüsse. Damals wurden Karten verändert, indem Grenzen an Orten gezogen wurden, die den damaligen Kartograph*innen noch nicht bekannt waren. Karten wurden genutzt, um Kriege und Streitigkeiten zwischen einzelnen Parteien zu legitimieren und zu rechtfertigen. Die Ideale des Christentums haben auf diese Weise den europäischen Kontinent und viele weitere Teile der Welt beeinflusst. [3]
Während des 20. Jahrhunderts kam durch den technischen Fortschritt zu einem sprunghaften Anstieg von Propagandakarten. Vor allem während des Nationalsozialismus und des Kalten Krieges kamen viele veränderte Karten auf den Markt und waren somit der Öffentlichkeit ohne weiteres zugänglich.
Im Nationalsozialismus wurde dies durch das Ministerium für Reichsaufklärung und Propaganda geleitet, welches hauptsächlich durch Zeitungen und das Radio (in Form des im Auftrag des Reichspropagandaleiters Joseph Goebbels entwickelten Volksempfängers) diese Propaganda publik machte.
Eine politische, geopolitische Propagandakarte beinhaltet eine gezielte Konstruktion und spezifische Inhalte, die eine emotionale Wirkung erzielen sollen. Die räumliche Darstellung der Karte entspricht der Realität und ist somit richtig, jedoch ist die Art und Weise des Aufbaus der Karte sehr einseitig und zeigt nicht alle Informationen, um eine neutrale Sicht auf die Karte zu erhalten. Propagandakarten haben immer eine Zielgruppe, die der Nationalsozialisten waren Menschen mit einem niedrigen Bildungsgrad.
“Ziel der Propaganda war nicht intellektuelle Bildung, sondern Abschaltung des Intellekts.” (MOSER 2004, S. 44). [4]
Propagandistische Beiwerkkarten werden so manipuliert oder verändert, dass sie die jeweilige Propaganda verbreiten. Die Karten selbst sind nicht mit propagandistischen Botschaften versehen, sondern sind nur eine Beihilfe für die Propaganda.
“Sie stehen immer im Kontext mit einer textlichen ausgedrückten Nachricht oder mit bildlichen Gestaltungselementen, die zur Meinungsbildung dienen sollen.” (SCHOBESBERGER 2010, S. 127).
Kartenmanipulation
Ein wesentlicher Teil der Propagandakartographie ist die Kartenmanipulation. Dies kann durch räumliche Falschdarstellung, statische Verfälschungsmethoden oder eine einfache Generalisierung innerhalb der Karte erreicht werden.
Bei der räumlichen Falschdarstellung werden statistische Elemente verfälscht oder verändert. Diese Falschdarstellungen werden vorwiegend bei der Manipulation von Grenzverläufen, Flussverläufen und Territorien, deren Aufteilung unklar ist, genutzt.
Bei der statistische Verfälschungen werden Errhobene quantitative Daten werden auf verschiedenen Wegen so manipuliert, dass sie im Endprodukt die Propaganda der Kartenerstellenden unterstützen.
Eine dritte Methode zur Manipulation von Karten ist die Generalisierung. Kartenelemente werden platziert, so dass andere Elemente dabei verdrängt werden. Die Generalisierung in topographischen Karten wird bestimmt durch die darstellerische Notwendigkeit der jeweiligen Elemente.
MONMONIER hat 1988 die methodische Generalisierung in die verschiedenen Elemente Auswahl, Vereinfachung, Verdrängung, Glättung und Typisierung aufgeteilt. [5] Laut HAKE muss diese Liste mit der Zusammenfassung und der Bewertung erweitert werden. [6]
Zusätzlich zu den gestalterischen Elementen im Kartenbild kann die Projektion einen Einfluss auf die Sicht der Karte für die Lesenden haben. Die Erstellenden der Karte können durch den Einsatz einer bestimmten Projektion z. B. einzelne Erdteile hervorheben und diese vergrößert darstellen. Durch diese vergrößerte Projektion eines Erdteils wirkt dieser mächtiger und die anderen Erdteile schwächer und „angreifbarer“.
Bildung im nationalsozialistischen Deutschland
Das Schulsystem war vor dem Jahr 1933 uneinheitlich. Je nach Region gab es verschiedene Formen der schulischen Ausbildung, die sich auch in der Ausbildungsdauer voneinander unterschieden. Diese waren geprägt durch konfessionelle, weltliche oder gemeinschaftliche Bezüge. Die Schulzeiten waren unterschiedlich. [7]
“Künftig sollte sich die allgemeine Schulpflicht auf den Besuch einer achtjährigen Volksschule erstrecken, wovon die ersten vier Jahre in der “Grundschule” von allen Kindern gemeinsam absolviert werden sollten. Daran schlossen sich wahlweise weitere vier Jahre Volksschule und eine dreijährige Berufsschulzeit oder der Besuch einer mittleren Schule mit anschließender zweijähriger Berufsschulzeit oder der Versuch einer höheren Bildungsanstalt mit einer Reifeprüfung als Abschluß an.” (NAGEL 2012, S. 171)
Eine allgemeine Schulpflicht für Kinder mit Vollendung des sechsten Lebensjahres wurde im Juli 1938 eingeführt.
“Hauptaufgabe der Volksschulen war die Vorbereitung der Kinder auf ein Leben in der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft. Die Ausbildung der körperlichen, seelischen und geistigen Anlagen der Kinder sowie die Vermittlung elementarer Grundkenntnisse und Fertigkeiten unterlagen dieser Zielsetzung.” (NAGEL 2012, S. 170 f.)
Propaganda in der Bildung
Im Deutschunterricht wurde viel Wert auf den “Ausdruck ihres Volkstums” gelegt. In der Literatur wurden klassische und romantische Werke, sowie Weltkriegslyrik und die “Kampfdichtung der nationalsozialistischen Bewegung” behandelt. Dem Schreiben von Texten und Aufsätzen wurde viel Aufmerksamkeit geschenkt, hierfür gab es spezielle Schreibstunden, die in der Unterrichtszeit stattfanden. Die Texte wurden erst in Sütterlin geschrieben und dann ab der Hälfte des dritten Schuljahres in lateinischen Buchstaben. [8]
Der Heimatunterricht propagierte die Vaterlandsliebe und die Heimatverbundenheit. Ziel war es, den Kindern ihr Umfeld näher zu bringen und sich somit als “Glied des deutschen Volkes” zu verstehen. Mittel hierfür waren: Heimaterzählungen, Lieder, Märchen und historische Erzählungen. Die ersten vier Volksschuljahre wurden genutzt, um den Schüler*innen die “Idee der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft” zu vermitteln. Dabei wurde auch an die kindliche Fantasie und Begeisterungsfähigkeit appelliert.
Propaganda im Erdkundeunterricht
Der Nationalsozialistischer Lehrerbund (NSLB) war Hauptbestandteil der schulischen Bildung im Nationalsozialismus. Hauptaufgabe des NSLB war die (Neu)Strukturierung der nationalsozialistischen Bildungspolitik. Der Verband Deutscher Schulkartographen wurde 1933 als „Fachabteilung Erdkunde” ein Teil des NSLB.
1938 wurden erstmalig Richtlinien und Lehrpläne für die Höheren Schulen veröffentlicht. Diese sahen vor, dass die Schüler*innen dreimal das Thema des damaligen Deutschen Reiches behandeln.
1. Klasse: Deutschland
2. Klasse: Die außerdeutschen Länder und Völker Europas
3./4. Klasse: Die außereuropäischen Erdteile und Weltmeere
5. Klasse: Deutschland
6. Klasse: Die Erde als Lebensraum
7. Klasse: Die staatliche und wirtschaftliche Gestaltung der Erde
8. Klasse: Deutsches Volk und deutsches Land. Das Deutsche Reich und seine Stellung in der Welt
(HESKE, HENNING 2015, S. 276 ff.)
Die Richtlinien für die Hauptschulen und Mittelschulen wurde in den darauf folgenden Jahren bestimmt, wobei sich die Themen auf jeweils nur 4 oder 6 Jahren beschränken.
Karten in der Bildung
Während des Krieges wurde besonders darauf geachtet dass die Schüler*Innen politisch beeinflusst werden sind.
“Die politische Erziehung ist in Zeiten des Krieges nicht nur zu entbehren, sie ist vielmehr in ihren Auswirkungen Voraussetzung des Sieges. Politische Erziehung ist niemals eine Sache, die zeitweilig ruhen könnte, sie ist und bringt immer geistige und politische Bewegung.” (GÖTTING (1940), Seite 60).
Viele Schulgeographen haben schon kurz nach Amtsantritt Hitlers an den damaligen Schulatlanten bemängelt, dass diese den damaligen Werten nicht entsprachen. Sie waren “nicht im entferntesten als brauchbare Hilfsmittel zu bezeichnen.” (LICHTENBERGER 1936, S. 363-368) Daher beschloss das Reichsministerium 1938 die Erstellung eines neuen Schulatlases. Auf 32 Seiten sollte der Atlas “nicht mehr die “natürliche Landschaft im naturwissenschaftlichen Sinne”, sondern der “vollerfüllte Lebensraum” dargestellt werden.” (JANTZEN 1940, S. 65-73) Demzufolge durfte der Atlas nicht mehr “die Höhengliederung als Hauptmerkmal der Landschaft behandeln, sondern er musste vielmehr das landschaftliche Bild, wie es sich durch die “Bodenbedeckung und deren Beeinflussung durch die Völker” darbot, hervorzuheben (Ebd.).” (HESKE 2015, S. 294) Speziell wurde darauf geachtet, dass der Atlas Karten über wirtschaftliche und geopolitische Siedlungsgebiete, der Rassen und des Deutschtums der Welt beinhaltet.
Analyse der Atlanten
WESTERMANN, GEORG; LIEBERS, ADOLF (1931): Westermanns Neuer Schulatlas. – 6. Aufl., Westermann, Braunschweig.
DEBES, ERNST; SCHLEE, PAUL (1934): Debes-Schlee Grosser Schulatlas – Ausgabe Brandenburg.– 78. Aufl., Wagner & Debes, Leipzig.
DIERCKE, CARL (1939): Diercke Schulatlas für Höhere Lehranstalten: grosze Ausgabe.– 79. Aufl., Verlag von Georg Westermann, Braunschweig.
Reichsstelle für das Schul- und Unterrichtsschrifttum (Hrsg.) (1942): Deutscher Schulatlas.– Gemeinschaftsverlag Deutscher Schulatlas-Verleger, Braunschweig, Berlin, Hamburg.
SYDOW, EMIL VON (1942): Sydow-Wagners Methodischer Schul-Atlas.– 21. Aufl., Justus Perthes, Gotha.
VOGEL, JOSEPH (1935): Die Karte spricht!: 30 bunte Bildkarten zur Erdkunde unseres Vaterlandes.– 3. Aufl., Heinrich Handels Verlag, Breslau.
Auswertung
Eine große Differenz bei den Atlanten ergab sich bei der Darstellung der Staatsgrenzen des Deutschen Reiches. Diese wurden inkonsequent innerhalb und zwischen den Atlanten kartographiert. Die Inklusion des Elsass in das Deutsche Reich war nach Ende des Ersten Weltkrieges fehlerhaft, da das Elsass nicht Bestandteil des Deutschen Reiches war. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1939 wurden die Staatsgrenzen des Deutschen Reich unklarer. Auch war anhand der Liniengestaltung nicht zu erkennen, wo genau die Staatsgrenze verlief. In keinem Atlas wurde daraufhin gewiesen, dass sich die Grenzen wegen des Krieges verschoben.
Die ehemaligen Kolonien werden genauso inkonsequent dargestellt wie die Grenzen des Deutschen Reiches. Die Kolonien wurden entweder als Teil des Deutschen Reiches, durch kleine Schrift innerhalb der Karte als ehemaliger Teil gekennzeichnet oder offen als ehemalige Kolonie dargestellt. Hauptsächlich wurde die Klassifizierung mit deutlicher Beschriftung in ehemaligen Kolonien im Pazifischen Ozean vorgenommen. Die Kolonien in Afrika wurden meist als Teil Deutschlands dargestellt oder die Information, dass diese unter einem anderen Mandat standen, sehr klein und kaum leserlich in der Karte vermerkt. In den früheren Atlanten wurden die Kolonien konsequent als ehemalige Kolonien dargestellt, nachdem die Nationalsozialisten an die Macht kamen, wurden die Kolonien als Teil des Deutschen Reichen angesehen.
Bei den thematischen Karten lag der Schwerpunkt vor allem auf dem Im- und Export der verschiedenen Länder. Jeder Kontinent hat seine eigene Karte zu Im- und Export-Produkten. Auf diese Karten wurde in den später veröffentlichten Atlanten so gut wie immer verzichtet. Der Thematik wurde im Nationalsozialismus kein großes Augenmerk geschenkt. Durch diese Veränderung kann der Schluss gezogen werden, dass sich der Fokus vom Import auf die Inlandsproduktion verschoben hat. Es war im Nationalsozialismus nicht mehr so wichtig, welche Güter Deutschland importierte, viel wichtiger wurde was Deutschland selbst produzierte. Dafür wurden mehr Bodenkarten in die Atlanten integriert.
Im Bildkartenband “Die Karte spricht! : 30 bunte Bildkarten zur Erdkunde unseres Vaterlandes” von Jürgen Vogel wurde Propaganda genutzt. Die Karten wurden explizit für die erweiterte Vermittlung von Informationen über das Deutsche Reich erstellt. Schon auf den ersten beiden Karten wird mit Propaganda gearbeitet. Es wird die geopolitische Lage des Deutschen Reiches und der alliierten Nachbarstaaten dargestellt. Durch Pfeile auf den Karten und vereinzelte Einkesselung des Deutschen Reiches wird dieses angreifbarer gezeigt. Auf der Karte 2 “Deutsche Brüder im Grenzland” wird dieser Eindruck ein wenig aufgelöst, da hier gezeigt wird, dass es in den Nachbarregionen “Deutsche Brüder” gibt, die sich wahrscheinlich auf die Seite des Deutschen Reiches schlagen würden, falls es zum Krieg kommen sollte. Somit wurde nicht nur dargelegt, dass es in den Nachbarländern Deutschlands nur Feinde gibt. Einen großen Propagandaanteil in den Karten haben auch Legenden und Textpassagen.
Die wohl größte Veränderung, die die Atlanten in der Zeit des Nationalsozialismus durchliefen, war die Entwicklung von Atlanten mit einer Beschreibung eines hohen thematischen Anteils des Handels hin zu Atlanten mit einem hohen Anteil an Bodenkarten des Deutschen Reiches.
Disskusion
Einige Elemente in den Atlanten, wie die Sprache, sind der Zeit geschuldet. Die Reduzierung von Menschen auf eine Hautfarbe war in der damaligen Zeit üblich, auch die Nutzung des N-Wortes. Der Gebrauch dieser Worte war dazu da, die jeweiligen Bevölkerungsgruppen gleichzustellen, “alle Afrikaner waren schwarz”, “alle Ost- und Südostasiaten waren gelb”. Durch diese Einteilung wurde ihnen ihre Individualität genommen. Propaganda wurde in diesem Zusammenhang genutzt, um die Völker als einheitlich und als schwächer darzustellen, als sie eigentlich waren.
Die unterschiedliche Darstellung der Staatsgrenzen des Deutschen Reiches kann darauf zurückgeführt werden, dass Karten aus vorherigen Auflagen genutzt und die Grenzen in einigen Fällen nicht an die aktuelleren angepasst wurden. In den Atlanten, die nach Beginn des Zweiten Weltkrieges erstellt wurden, ist die Bestimmung der Grenzen schwieriger, da diese sich innerhalb weniger Wochen verschieben konnten, die Produktion von Atlanten jedoch einen längeren Vorlauf hatte und mit den Veränderungen durch das Kriegsgeschehen nicht standhalten konnte. So konnte etwa ein Atlas der 1942 auf den Markt gekommen ist, eventuell die Grenzen von 1941 und nicht die aktuellen Grenzen aufzeigen. So waren die Staatsgrenzen des Deutschen Reiches nicht immer genau für den Schulunterricht passend.
Die Entscheidung, vor allem die ehemaligen Kolonien im Pazifischen Ozean unter Mandat zu klassifizieren und nicht diejenigen in Afrika, kann daran liegen, dass die Bodenschätze in den ehemaligen afrikanischen Kolonien eine größere Bedeutung für das Deutsche Reich hatten. Die Bodenschätze waren im Nationalsozialismus ein bedeutendes Thema, wie in Kapitel 3.4 und 6. beschrieben. Durch die Einbindung der ehemaligen Kolonien wirkte das Deutsche Reich größer und mächtiger, auch kann dadurch ein besserer Vergleich zu den gegnerischen Staaten wie Frankreich und dem Vereinigten Königreich gezogen werden. Die gewünschte deutsche Vormachtstellung der Nationalsozialisten wird damit stärker demonstriert. Andere Staaten wirken im Größenvergleich kleiner und weniger mächtig als das Deutsche Reich.
Fazit
Die Nutzung eines bestimmten Atlanten in der schulischen Bildung war ein heikles Thema im Nationalsozialismus, da es viele unterschiedliche Ansprüche gab, die verschiedene hochrangige Personen stellten. Der Schulatlas sollte Fragen beantworten, die sich mit dem Militär auseinandersetzen, den „Deutschen Volksboden“ ausführlich besprechen, außerdeutsche europäische Machtverhältnisse verständlich und einfach widerspiegeln, sowie die generellen Machtverhältnisse auf der Erde den Schüler*innen näherbringen und über den allgemeinen Staatenaufbau hinausgehen.
Durch die vorliegende Analyse der Atlanten ergab sich eine Entwicklung dieser, die einen eindeutigen Bezug zum Nationalsozialismus und zum Zweiten Weltkrieg hatte.
Propaganda hatte viel Einfluss im Nationalsozialismus und so auch bei der Erstellung von Atlanten. Den Schüler*innen sollte anhand von Karten gezeigt werden, dass das Deutsche Reich der “größte” und “beste” Staat auf der Erde sei. Vergleiche zu anderen Staaten wurden gezogen. Die Kinder sollten lernen, dass es im Deutschen Reich im Gegensatz zu den anderen Staaten alles gab, was nötig war, um glücklich zu sein. Durch die ständigen territorialen Veränderungen konnten sich die Lehrenden aber nicht allein auf die Atlanten verlassen um die nationalsozialistischen Ziele im Unterricht zu vermitteln.
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde propagandistischer Einfluss auf Schulatlanten genommen. Dieser zeigt sich auch in den kartographischen Darstellungen, findet sich aber vorwiegend in den Legenden und Titeln der Karten. Die hier exemplarisch ausgesuchten Atlanten werden als ausreichend eingeschätzt um die propagandistische Einflussnahme zu illustrieren. Die hier vorliegenden Ergebnisse könnten in Folgearbeiten durch Analysen anderer Kartenwerke dieser Zeit verifiziert werden. Sicher wäre die Hinzuziehung zeitgenössischer Unterlagen der zuständigen Ministerien für die Planungen der kartographischen Darstellungen hilfreich.
Weitere Informationen
Link zur Bachelorarbeit: https://docs.google.com/document/d/1JaqDyVoVQ7ccwyxjbfkiAOsHlu9K3p-zvUP69bywMqg/edit?usp=sharing
[1] zitiert aus SIX, FRANZ A. (1936): Die politische Propaganda des Nationalsozialismus.– Heidelberg.
[2] ebd.
[3] vgl. SCHOBESBERGER, M. N. (05/2010), S. 9.
[4] ebd., S. 15.
[5] MONMONIER, MARK (1996): How to lie with maps.– University of Chicago Press, Chicago.
[6] HAKE, GÜNTER; GRÜNREICH, DIETMAR; MENG, LIQIU (2002): Kartographie: Visualisierung raum-zeitlicher Informationen.– Walter de Gruyter, Berlin.
[7] Zum ministeriellen Stand der Schuldiskussion 1933: “Niederschrift über die 11. Tagung des Ausgusses für das Unterrichtswesen”, 17.11.1933: ebd., Bl. 243-269.
[8] vgl. NAGEL (2012).
[9] 1919 wurde dem Deutschen Reich mit dem Versailler Vertrag die Besitzansprüche über die Kolonien versagt. Nach Ende des Ersten Weltkrieges entschieden die Siegermächte über die Zukunft der Kolonien. “Schließlich erfolgte die Lösung, in der Weise, daß die Alliierten sich mit dem Mandatssystem einverstanden erklärten, daß aber die tatsächliche Verteilung der deutschen Kolonien genau nach den während des Krieges abgeschlossenen Geheimverträgen (1916 zwischen England und Frankreich über die Teilung von Kamerun und Togo, 1917 zwischen England und Japan über die Teilung der deutschen Südseeinseln) und , soweit solche nichts vorhanden waren, nach den Forderungen der beteiligten machte und Dominions erfolgte, deren Truppen die Kolonien besetzt hatten. Selbst Belgien, dessen Kongotruppen in Deutsch-Ostafrika einmarschiert waren, erhielten seinen Anteil in Gestalt eines Mandats über den nordwestlichen Teil des ostafrikanischen Schutzgebiets.” (Dr. SCHNEE, HEINRICH (1939): Die deutschen Kolonien – vor, in und nach dem Weltkrieg. Verlag von Quelle & Meyer, Leipzig.).
[10] „Eine Karte, in der Liniensymbole unterschiedlicher Stärke verwendet werden, um den Anteil des Verkehrsaufkommens oder die Fließrichtung in einem Netzwerk darzustellen.“ Esri Deutschland GmbH: Esri Support GIS-Wörterbuch: Fließrichtungskarte.– Online im Internet: https://support.esri.com/de-de/gis-dictionary/flow-map [letzter Aufruf: 26.07.2023].
[11] Marcus Weidner, Die Straßenbenennungspraxis in Westfalen und Lippe während des Nationalsozialismus. Datenbank der Straßenbenennungen 1933-1945, Münster 2013ff. (Stand: 11.4.2019) [letzter Aufruf 10.07.2023].
[12] Aktennotiz “Betrifft: Neuer Volksschul-Atlas vom September 1941 (o.D.) (WaW, Deutscher Schulatlas/Verschiedenes).