Vanille
"Die Königin der Gewürze"
Ursprünglich kommt die Vanille aus Mexiko und wird aus der Vanille-Orchidee gewonnen. Es ist bekannt, dass bereits die Ureinwohner Mexikos (die Azteken) die Vanille kannten und fermentiert als Gewürz verwendeten. Später wurde die Vanille in Europa ein absolutes Luxusgut. Als Folge davon, wurden Versuche unternommen Vanille-Pflanzen auch an anderen Orten anzubauen. Dies gelang, jedoch bildeten sich keine Vanille-Kapseln aus, da die Blüten der Vanille in anderen Regionen nicht bestäubt werden konnten. Mehr dazu im Unterkapitel Bestäubung. Die Bestäubungsart, welche auch heute noch angewandt wird, wurde im Jahr 1841 von einem zwölfjährigen Plantagensklaven auf La Réunion entdeckt.
Bei der Recherche wurde der Fokus auf Vanille aus Madagaskar gelegt, da in einigen Jahren bis zu 80 Prozent der gesamten Weltproduktion von Vanille im Norden von Madagaskar in der Region Sava angebaut werden. Weitere Anbaugebiete für Vanille neben Madagaskar sind: Indonesien, China, Mexiko, Indien, Sri Lanka, Komoren, La Réunion, Java, Tahiti, Indien, Sansibar, Uganda, Türkei und die Seychellen.
Im Jahr 2018 wurden 7575 Tonnen Vanille weltweit produziert, die auf 97'892 Hektaren geerntet wurden. Im Jahr 2018 wurden 3102 Tonnen davon in Madagaskar produziert, die auf 71'964 Hektaren angebaut.
Auch heute ist die Vanille eines der beliebtesten und teuersten Gewürze, ein Kilogramm war zuweilen sogar teurer als Silber, und trägt somit zurecht die Bezeichnung "Königin der Gewürze".
Abbildung 1: Die Preise für ein Kilogramm Vanille in den letzten Jahren
Weg der Vanille
Die Bestäubung
Damit die Vanillereben ihre Früchte entwickeln können, müssen die Blüten zuerst bestäubt werden. Das ist allerdings nur sehr selten möglich, da die gelblich-grünen Blüten der Vanille nur alle 2-3 Jahre blüht und sich die Blüte dann nur für wenige Stunden öffnet. Der Versuch die Vanille ausserhalb von Mexiko anzupflanzen, scheiterte sehr lange Zeit, da diese nur durch bestimmte in Mexiko und Zentralamerika vorkommende Arten von Bienen und einigen Vertretern der Familie der Kolibris bestäubt werden kann. Kommen in den Anbaugebieten diese natürlichen Pollenüberträger nicht vor, muss der Mensch deren Funktion übernehmen. Diese künstliche Bestäubung ist arbeitsintensiv und erfolgt mithilfe eines Holzstäbchens oder eines Halms. Bei der einzelnen Bestäubung von Hand wird der Pollen auf die Narbe gedrückt, damit eine Fruchtkapsel ausgebildet werden kann. Ein geübter Arbeiter kann am Tag ungefähr 1000-1500 Blüten bestäuben. Durch die künstliche Bestäubung lässt sich ausserdem der Anteil an produzierten Vanillekapseln erhöhen, was ein weiterer Grund für die händische Bestäubung in Plantagen ist.
Abbildung 2: Manuelle Bestäubung der Vanille mit einem Holzstab
Der Reifungsprozess
Die Vanillekapseln haben drei Monate nach ihrer Bestäubung ihre endgültige Grösse von ungefähr 30 Zentimetern erreicht. Um ihr Aroma zu entfalten, wird jedoch ein weiteres halbes Jahr benötigt. Erst nach Ablauf dieser Zeit werden die Vanillekapseln geerntet.
Die Ernte
Haben die Kapseln eine gelbgrüne Farbe erreicht, werden sie von Hand gepflückt. Die Qualität wird jedoch oft vermindert, da die Plantagenarbeiter die Kapseln zu früh ernten, aus Angst vor Dieben.
Abbildung 3 : Vanillekapseln kurz vor der Ernte
Das Brühen
Das typische Aroma und der Geschmack des fertigen Produkts haben die frischen Früchte in diesem Zustand noch nicht. Erst durch den Prozess, der sogenannten Schwarzbräunung, wird Vanille zu dem hocharomatischen Gewürz. Die Schwarzbräunung ist ein zeit- und arbeitsintensives Verfahren, bei dem die Vanilleschoten mit heissem Wasser und heissem Wasserdampf behandelt werden.
Abbildung 4: Schwarzbräunung der Vanille
Das Fermentieren
Danach folgt die Fermentation. Die nassen und warmen Schoten werden dafür in Behältern gelagert, bis eine ungleichmässige Auskristallisation von feinen Glukosenadeln erfolgt. Dieser Vorgang kann bis zu vier Wochen dauern.
Die Trocknung
Durch die Trocknungs- und Fermentierungsprozesse der Vanille werden die Vorstufen des Vanillins in den Fruchtkapseln in Vanillin umgewandelt, der Hauptaromastoff der Vanille. Zur selben Zeit schrumpfen die Fruchtkapseln zu den uns bekannten schwarz-braun glänzenden Vanillestangen, die das eigentliche Gewürz darstellen. Die Schoten werden über zwei Monate getrocknet, abwechslungsweise sowohl in der Sonne als auch im Schatten. Nach dieser Zeit enthalten sie nur noch 30 Prozent ihres ursprünglichen Feuchtegehalts und haben ihr finales Aroma entfaltet.
Abbildung 5: Trocknungs- und Fermentierungsprozesse der Vanille
Der Transport
Im Anschluss werden die Schoten nach Grösse und Qualität sortiert und in Bündeln zusammengebunden, die nochmals für weitere zwei Monate in Holzkisten gelagert werden, um das volle Vanillearoma zu entfalten. Daraufhin können die Vanilleschoten exportiert werden.
Abbildung 6: Die Vanilleschoten kurz vor dem Transport
Der Vertrieb und die Verarbeitung
Als grüne Kapseln wird Vanille an Ankäufer vor Ort verkauft. Der lange Fermentierungsprozess wird von spezialisierten Vanilleaufbereitern organisiert. Über verschiedene Zwischenhändler wird die Vanille weiterverkauft, bis sie schliesslich dort ankommt, wo sie verarbeitet wird. Einige grosse Unternehmen wie Nestlé beziehen, die von ihnen benötigte Vanille, direkt von Grosslieferanten, wodurch die für sie nötige Qualität eher garantiert ist und durch bindende Verträge sowohl die Herkunft als auch der Anbau der Vanille überwacht werden. Generell gibt es über den Vertrieb der restlichen Vanille eher wenig Marktinformationen. Bekannt ist jedoch, dass die USA den grössten Teil der mexikanischen Produktion aufkauft und diese Vanille somit gar nicht erst auf den weltweiten Markt gelangen. Vermutlich werden die restlichen Vanillekapseln auf grossen Börsen verkauft, woraufhin sie vermutlich über weitere Zwischenhändler an den Produzenten gelangen.
Die Vanille aus Madagaskar wird meist über Antananarivo, die Hauptstadt von Madagaskar, exportiert. Die Fluglinie Air Madagaskar verschifft Vanille, jedoch verschwindet immer wieder ein Teil der Fracht oder sie wird gestohlen, so dass die Exporteure auf gemietete Privatflugzeuge setzen.
Zu den Hauptimporteuren von Vanille gehören die USA, Frankreich und Deutschland. Die grössten Abnehmer für Vanille sind weltweit die Firmen Nestlé, McDonalds, Hershey’s, Unilever und Coca Cola.
Abhängig von der Firma und dem Endprodukt wird eine andere Verarbeitungsart für die Vanille gewählt. Einige Beispiele für mögliche Endprodukte sind: Dufte, Backwaren, Jogurt, Kekse, Make-up, Shampoos, Deodorants, Eis, Süssigkeiten, Schokolade, Getränke wie beispielsweise Coca-Cola und viele weitere Produkte.
Karte: Die wichtigsten Export- und Importketten auf einem Blick
Fairnessanalyse der Produktionskette
In Bezug auf soziale, ökonomische und ökologische Aspekte
Die Vanille wird auf kleinbäuerlichen Familienplantagen angebaut. Trotz der vielen Arbeit, die durch die Bestäubung von Hand entsteht, verdient der Vanillebauer am wenigsten an der Vanille- Produktion. Die Exporteure, sogenannte “Vanille-Barone” und die westlichen Verkaufsstellen, die die Vanille weiterverkaufen, machen den grössten Gewinn bei der Produktionskette von Vanille. Es leben rund 80’000 Menschen auf Madagaskar vom Geschäft mit der Vanille, jedoch sind sie verarmt. Sie leiden unter wiederkehrenden Hungerperioden und Armut. Die Parzellen der Bauern sind klein und die Produktionsmethoden sind nicht effizient genug. Oftmals haben sie zudem Schulden bei Vanille-Mittelmännern, sogenannten Sammlern. Wenn die Farmer nicht genug Geld an ihrer Ernte verdienen, leihen sie sich Geld von den Sammlern. Dafür nutzen sie die zukünftige Ernte als Sicherheit. Wenn jedoch die Ernte misslingt oder die Vanille von den Feldern gestohlen wird, können sie ihre Schulden nicht begleichen. Dies ist speziell dann ein Problem, wenn die Preise für Vanille nach Naturkatastrophen oder aufgrund von politischen Krisen erneut ansteigen und der Wert somit auch zunimmt, da die meisten Anbaugebieten in Gebieten liegen, die immer wieder von Naturkatastrophen getroffen werden und politischen Krisen ausgeliefert sind. Dies ist ein schlimmer Kreislauf, der die Farmer in ihrer Armut gefangen hält. Die zahlreichen Belastungen führen zu instabilen Lieferketten, woraufhin die Preise enormen Preisschwankungen unterliegen können, wie sich bereits in den Jahren 2017 und 2018 gezeigt hat, als eine Naturkatastrophe die Preise explodieren liess. Auch nimmt die Kriminalität in den Gemeinschaften immer mehr zu, wofür die Vanille-Diebe mit einer Gefängnisstrafe bestraft werden. Das “schwarze Gold” wird aus diesem Grund stets vor Dieben bewacht. Einige der Diebe werden sogar von Arbeitern getötet.
Immer teurer, immer schlechter: Vanille-Schoten im Test | 2018 | SRF Kassensturz
Alternativen
Es gibt einige Alternativen zu der Vanille aus Madagaskar, welche meistens in ähnlichen klimatischen Gebieten wie Madagaskar liegen, da sehr spezifische klimatische Bedingungen erfüllt sein müssen, damit die Vanille überhaupt blüht und sich eine Samenkapsel ausbildet. Madagaskar ist und bleibt aufgrund der jährlichen Exportmenge jedoch noch immer einer der wichtigsten Produzenten von Vanille und bestimmt somit die Preise auf dem internationalen Markt.
Aber auch andere Länder versuchen vom Geschäft mit der Vanille zu profitieren. Beispielsweise versucht Indonesien das Geschäft mit dem Gewürz wieder aufleben zu lassen, nachdem es in den frühen 2000er Jahren Probleme mit der Qualität der Vanille aus Indonesien gab und als Folge davon die Exporte aus dem Land zurückgingen. Nachdem in den letzten Jahren zahlreiche Wetter- und Umweltkatastrophen in Madagaskar dafür sorgten, dass ein relativ grosser Teil der Vanilleernte vernichtet wurde und als Folge davon die Vanille-Preise nochmals anstiegen, versucht Indonesien sich wieder in das Geschäft um die Vanille einzubringen, um wieder eines der führenden Exportländer von Vanille zu werden. Damit dies gelingt versucht die indonesische Regierung seit Jahren die Qualität der indonesischen Vanille zu verbessern, indem sie auf die Ausbildung der Arbeiter setzt, um einen erneuten Einbruch der Vanille-Preise aufgrund zu niedriger Qualität zu verhindern. Indonesien ist dadurch bereits jetzt und in naher Zukunft eine sozial sehr starke Alternative zum Vanille-Anbau in Madagaskar und sorgt mit der Förderung der Vanilleproduktion auch für eine Alternative zu der Arbeit auf Palmölplantagen. Dies gelingt immer besser, da der Anbau von Vanille für die Bauern profitabler ist, und sie somit mehr Geld damit verdienen. Durch die höheren Gewinne erhöht sich auch der Lebensstandard im Land. Nichtsdestotrotz ist sind die indonesischen Bauern jedoch abhängig von Madagaskar, da die Preise für Vanille vom grössten Produzenten grundlegend beeinflusst werden.
Auf ökologischer Ebene gibt es auch einige Alternativen. Erfolgreiche Versuche Vanille anzubauen gibt es in den Niederlanden, in Florida und Australien. Auch an weiteren Standorten gibt es Versuche Vanille anzubauen. Dadurch zeigt sich, dass es möglich ist lokal auf verschiedenen Kontinenten eine geringe Menge an Vanille herzustellen, wodurch die Umweltbelastung verringert wird, da der Transport auch ohne Flugverkehr möglich ist. Dies ist ökologisch gesehen eine bessere Alternative als der Anbau von Vanille in Madagaskar und der anschliessende Transport mit dem Flugzeug. Jedoch haben Produktionen in Europa, Amerika und Australien nicht die Kapazität Madagaskar als Hauptproduzent abzulösen, da die optimalen klimatischen Bedingungen nur in einem Treibhaus möglich sind und somit nur begrenzte Flächen zum Vanille-Anbau vorhanden sind.
Abbildung 7: In einem Gewächshaus in Bleiswijk (Niederlanden) wächst Vanille
Eine mögliche Optimierung des ökologischen Aspekts könnte in der Zukunft ebenfalls direkt in Madagaskar umgesetzt werden. Die vorhandenen Transportwege in Madagaskar neben dem Flugverkehr sind relativ schlecht, sodass es sich für die “Vanille-Baronen” eher lohnt, das kostbare Gut per Luftfracht zu transportieren, um zu verhindern, dass ihre Ware verschwindet. Würden die Strassen in Madagaskar verbessert und das Strassennetz ausgebaut werden, so würde eine ökologisch sinnvollere Alternative für den Transport von Vanille entstehen.
Eine weitere soziale Alternative in Madagaskar wird ausserdem durch ausländische Projekte und Labels garantiert, die dafür sorgen, dass die Plantagenarbeiter auch angemessen für ihre Arbeit bezahlt werden und neben einer grundsätzlichen Ausbildung auch eine Schulung erhalten. Dadurch wird die soziale Situation der Plantagenarbeiter verbessert. Fair angebaute Vanille lässt sich bei kleineren Organisationen für teurere Preise kaufen, welche die Vanille direkt bei den Plantagen beziehen und somit eine gerechte Bezahlung der Plantagenarbeiter garantieren können.
Zurzeit gibt es kaum ökonomische Alternativen für den Vanille-Anbau in Madagaskar, da dafür das Klima und die Arbeiterlöhne zu ausschlaggebend sind. Die einzige Möglichkeit wäre es, die Stufen der Zwischenhändler zu minimieren, um einen grossen Preisanstieg zu verhindern. Für den Anbau in anderen Ländern, die die klimatische Bedingungen nicht erfüllen, wird viel Platz benötigt und ein künstlich generiertes Klima hätte den Nachteil, dass wiederum Geld investiert und ausgegeben werden müsste, während in Madagaskar der Platz und das richtige Klima bereits zur Verfügung stehen.
Eine bereits getestete Alternative ist die künstlich hergestellte Vanille, das sogenannte Vanillin. Es ist einer von vielen Bestandteilen der natürlichen Vanille und macht nur einen sehr geringen Anteil der natürlichen Vanille aus. Vanillin kann jedoch relativ kostengünstig hergestellt werden, wobei der Geschmack und die Qualität nicht mit der natürlichen Vanille gleichgesetzt werden können. Grosse Firmen setzten aus diesem Grund meist auf die teurere Vanille. Der allgemeine Trend nähert sich aber generell immer mehr dem natürlichen Inhaltsstoff. Vanillin ist somit keine echte Alternative zur Naturvanille. Als eine weitere bereits funktionierende Alternative ist die sogenannte Tonkabohne, die einen süssen vanilleähnlichen Geschmack hat und beim Backen als Alternative zur Vanille verwendet werden kann.
Fazit
Vanille ist ein globalisiertes Produkt. Es wird an einigen Standorten für den gesamten Weltkonsum angebaut, wobei eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen dem Weltmarkt und den Produzenten in Madagaskar besteht, da die lokalen Bauern darauf angewiesen sind, ihre Produkte verkaufen zu können. Der Weltmarkt wird hauptsächlich von der angebauten Vanille der lokalen Bauern in Madagaskar beeinflusst, es haben aber auch weitere Länder einen Einfluss. Das Produkt Vanille ist das ganze Jahr über verfügbar und wird weltweit verkauft und verarbeitet. Während der Produktion der Vanille erfolgt eine Wertsteigerung, von der die Zwischenhändler am meisten profitieren. Das Beispiel Vanille ist somit ein typisches Produkt der Globalisierung, bei dem die Zwischenhändler von der Wertschöpfungskette mehr profitieren und die Primärproduzenten den geringsten Gewinn erhalten. Zudem wird die Vanille in Madagaskar geerntet und haltbar gemacht, im Anschluss für die Verarbeitung jedoch per Luftfracht exportiert und an die jeweiligen Produktions- oder Verkaufsorte transportiert. Des Weiteren ist das Gut Vanille auf dem Weltmarkt sehr begehrt und in der gewünschten Qualität knapp und wertvoll. Aufgrund dessen wird Vanille per Luftfracht transportiert, um den Transport möglichst schnell und effektiv zu halten, was ein weiterer Indikator für globalisierte Produkte ist. Der längere Transport per Schiff erfolgt nicht, da das Gut zu kostbar ist und die Nachfrage sehr gross. Durch den Transport der Vanille mit dem Flugzeug wir die Umwelt belastet und bereits bestehende ökologische Probleme wie der Klimawandel werden verstärkt. Deshalb wird aktuell an verschiedenen Alternativen geforscht, um Vanille in anderen klimatischen Zonen anzubauen. Diese Alternativen haben jedoch bisher nicht die Kapazität Madagaskar als Hauptproduzent von Vanille abzulösen. Momentan wird ausserdem daran gearbeitet die Produktion von Vanille in Bezug auf die Ausbildung und Weiterbildung der Plantagenarbeiter zu verbessern, und somit eine soziale und faire Alternative zu schaffen, damit die Fairness in der Produktion der “Königin der Gewürze” garantiert werden kann.
Abbildung 8: Ein Bündel Vanilleschoten