Stadtexkursion Frankfurt am Main
Stadtentwicklungsphasen am Beispiel Frankfurt am Main
Diese Stadtexkursion wird im Rahmen des Mentee/Tutoring-Programms im Bachelor- und Lehramtsstudiengang Geographie am Institut für Humangeographie der Goethe-Universität durchgeführt. Die Storymap dient zur Vor- und Nachbereitung der Exkursion. Die virtuelel Exkursion kann aber auch genutzt werden, um Frankfurt auf eigene Faust vor Ort oder einfach nur virtuell zu erkunden. Die Exkursion wurde von Jens Schreiber entwickelt und von Klaus Herrmann (1. Version) und Marie Oberndorfer (aktuelle Version) als Storymap umgesetzt.
Übersicht Standorte
Standorte und vorgeschlagene Route
Stadtentwicklungsphasen
Zeitstrahl: Phasen der Stadtentwicklung Frankfurts
Von Pfalz zur Stadt - Phasen der Stadtentwicklung in Frankfurt am Main
Standort 1: Römer
Mittelalterliche Stadtentwicklung & Wiederaufbau
Der Römerberg ist seit über 600 Jahren (1405) der Rathausplatz und die Keimzelle der Stadt Frankfurt und seit dem Hochmittelalter das Zentrum der Altstadt. In der Römerzeit beherbergte der Römerberg ein römisches Militärlager (1. Jh. n. Chr.).
Von Pfalz zur Stadt - Phasen der Stadtentwicklung in Frankfurt am Main
Warum siedelten sich gerade hier Menschen an?
Die Nähe zum Main (Versorgungshintergrund), die Furt als natürlicher Übergang, die damit verbundenen Transportvorteile und die guten ackerbaulichen Voraussetzungen (gute Bodenqualität) machten den Römerberg zu einem vorteilhaften Siedlungspunkt. Des Weiteren bot der Römerberg als Anhöhe Schutz vor Hochwasser und gewährte eine erweiterte Sicht, um anrückende Feinde frühzeitig zu erkennen.
Viele Orte wurden im Mittelalter gegründet. Daher gilt diese Epoche als enorm wichtig, insbesondere im Hinblick auf Stadtgründungen. Weitere günstige und beliebte Siedlungsvoraussetzungen waren u. a. Klöster, Burgen, Pfalzen usw.
Generell standen Versorgung und Schutz an erster Stelle, wenn es um Ansiedlungen ging.
Exkurs
Unter einer Pfalz (lat. palatium „Palast“) versteht man die im Früh‐ und Hochmittelalter entstandenen Stützpunkte für den herumreisenden König (seltener auch für einen Bischof als Territorialherrn, der dem König gegenüber in Gastungspflicht stand). Der mittelalterliche König konnte nicht von einer Hauptstadt aus regieren, sondern musste möglichst immer „vor Ort“ sein und persönlichen Kontakt zu seinen Vasallen halten (Reisekönigtum). Da sie vom König in seiner Eigenschaft als Herrscher des Heiligen Römischen Reiches gebaut und genutzt wurden, ist ihre historisch korrekte Bezeichnung Königspfalz. Die Bezeichnung Kaiserpfalz ist eine Benennung des 19. Jahrhunderts, die übersieht, dass der König erst nach einer zusätzlichen Krönung durch den Papst den Titel eines Römischen Kaisers trug. Pfalzen bestanden in erster Linie aus großen Gutshöfen, die Verpflegung und Unterkunftsmöglichkeiten für den König und sein zahlreiches Gefolge, das oft Hunderte von Personen umfasste, sowie für weitere zahlreiche Gäste und ihre Pferde boten. Auf lateinisch hießen diese Königshöfe „villa regia“ oder „curtis regia“. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6nigspfalz (11.10.14)
Auch in Frankfurt gab es eine Pfalz, die erstmals im Jahre 794 n. Chr. in einem Brief von Karl dem Großen erwähnt wurde. Heute steht an dieser Stelle das Historische Museum. Frankfurt war eine freie Reichsstadt, nur dem König/Kaiser direkt unterstellt. Dieser Status änderte sich als Preußen die Stadt 1866/67 eingliederte bzw. annektierte.
Zentrum ds öffentlichen Lebens
Der Römer war das Zentrum des öffentlichen Lebens. Hier wurde gehandelt, es wurden Urteile gefällt und stadtpolitische Entscheidungen getroffen. [Stichwörter: Markt‐, Stapel‐ /Niederlags‐ , Münzrecht usw.] Zusätzlich war der Römerberg Schauplatz der Wahlen und Krönungen zahlreicher Könige/ Kaiser (v. a. die Habsburger‐Dynastie). So fand bei Kaiserkrönungen ein großes Volksfest auf dem Platz statt, während im Kaisersaal der neue Kaiser ein Bankett abhielt.
Neben den alljährlichen Messen seit dem frühen Mittelalter gab es 1585 die erste Börse in Frankfurt. Sie wurde unter freiem Himmel vollzogen und galt der Fixierung von Wechselkursen, da es noch keine einheitliche Währung gab.
Bild rechts: Zentrum des öffentlichen Lebens um 1738
Abbilung: Historische Kommission (Hrsg.): Bildaltals Geschichte der Stadt Frankfurt am Main. Verlag Wolfgang Weidlich, Frankfurt am Main 1976. Unveränderter Nachdruck der Ausgabe von 1916, Innentitel 2.
Achtet auf die Gebädue. Wie und wann würdet ihr sie zeitlich einordnen?
Nimmt man den Römer in einem Panoramablick wahr, wird deutlich, dass die einzelnen Gebäude aus verschiedenen Zeiten stammen. So ist das älteste Haus am Platz das sogenannte „Haus Wertheym“ (in Richtung Main blickend), welches als einziges Fachwerkhaus nicht durch die Bombenangriffe im März 1944 zerstört wurde.
Die meisten Gebäude wurden im 2. WK stark beschädigt. Über 80% der Innenstadt (innerhalb des Anlagenrings) war komplett zerstört. In der Wiederaufbauphase musste dringend Wohnraum geschaffen werden [Stichwort: 50er‐Jahre‐Bauten; später wird dies am Standort 7 „Berliner Straße“ noch genauer angesprochen]. Da der Römer zuvor nur mit mittelalterlichen Gebäuden bebaut war, beschloss man während der 70er Jahre den historischen Kern der Stadt wiederherzustellen (s. Ostzeile am Römer). [Stichwort: Orientierung am historischen Leitbild; später mehr am Standort 4 „Altsachsenhausen“]
Ein weiteres wichtiges Datum ist der 10. Mai 1933. Damals organisierten nationalsozialistische Studenten eine landesweite Bücherverbrennung auf dem Römerberg.
Abbildungen: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Donnerstag, 24. November 2005, Nr. 274/ S. 45.
Wie sollten die im 2. WK zerstörten Städte wiederaufgebaut werden? Eine Frage, die viele große Städte sich stellen mussten. Anfangs ging es primär um schnellen, einfachen und vor allem sicheren Wohnraum. In den folgenden Jahrzehnten änderte sich das Bewusstsein zur Historisierung oder zur radikalen Modernisierung (s. Standort 2 „Technisches Rathaus“). [Neues schaffen oder altes bewahren?] Kirchen (außer Paulskirche) und Dom wurden in der Nachkriegsphase originalgetreu wiederaufgebaut.
Römerberg - Nachkriegszeit (Stadtvermessungsamt Frankfurt am Main, Nr. 128 von März 1945, U.S. Air Force)
Wieso heißt der Römer denn nun Römer?
Es hat sicher mit der Messe zu tun, die im Mittelalter auf dem Römerberg abgehalten wurde. Italienische Kaufleute stellten im Erdgeschoß ihre Waren aus und wohnten im oberen Stockwerk. „Rom“ war das Synonym für ganz Italien. Wer im Mittelalter an Italien dachte, dachte unwillkürlich an Rom, denn schließlich sitzt der Papst in Rom. Und sein Palast ist der Lateran. Das linke Haus neben dem Römer hieß früher auf frankfurterisch „Laderam“. Und das ist wirklich die Erklärung? Es könnte auch sein, dass der Besitzer des Hauses aus Italien stammte oder Handelskontakte über die Alpen unterhielt. Oder eine Pilgerreise nach Rom gemacht hat. Es gibt hundert Möglichkeiten. Endgültig wird man das nie klären können. Aber zu 99,9 Prozent sind es die italienischen Kaufleute und eben nicht die Familie, die so hieß. „Laderam“ ist dabei ein wichtiger Hinweis.
Quelle: http://www.frankfurt.de/sixcms/detail. php?id=3828&_ffmpar%5B_id_inhalt%5D=40730 (11.10.14)
Quellen Standort 1:
- http://www.cityrundgang.de/frankfurt/haus-wertheim.htm htm (11.10.14)
- Entstehungsgeschichte Frankfurts: Schnee, C. (2004): Frankfurt am Main. Eine kleine Stadtgeschichte. Erfurt (Sutton).
Standort 2: ehem. Technisches Rathaus
Römerzeit
Auch wenn am Dom der Archäologische Garten zu betrachten ist, handelt es sich bei der Stadt Frankfurt nicht um eine ehemalige römische Siedlung. Erst in den 1970ern, beim Bau des Technischen Rathauses, wurden die römischen Badeanlagen entdeckt. Sie gehörten zu einer kleineren Militäranlage, die zur Sicherung der verkehrstechnisch und militärisch relevanten Main-Furt diente.
Mittelalter vs. Moderne
Das Areal zwischen Römer und Dom war bis zu den 1970er Jahre größtenteils frei. Mit dem Bau des Technischen Rathauses (1974 fertiggestellt) wurde unter Protesten, ähnlich wie beim Historischen Museum zuvor, ein sogenannter funktionaler Zweckbau „ins historische Zentrum Frankfurts gesetzt“.
Bekannt ist diese Architektur unter dem Namen „New Brutalism“. Das Gebäude stand unter starker Kritik und sollte laut eines Beschlusses des Stadtparlaments aus dem Jahre 2005 abgerissen werden.
Hier stellte sich nun die Frage: Wie soll nun dieser Raum gestaltet werden?
Die Öffentlichkeit wurde bei der Planung des Gebiets miteinbezogen. So wurde ein städtebaulicher Ideenwettbewerb durchgeführt, an welchem FrankfurterInnen intensiv über die Bebauung des Dom-Römer- Areals diskutierten. Um eine möglichst breite Bürgerbeteiligung sicherzustellen, veranstaltete das Stadtplanungsamt im Herbst 2006 eine Planungswerkstatt, an der etwa 60 Bürgerinnen und Bürger mitgewirkt haben. Die daraus abgeleitete Planung wurde von der Stadtverordnetenversammlung mit großer Mehrheit im September 2007 beschlossen. Zur Entwicklung und Bebauung hat die Stadt Frankfurt am Main 2009 die Dom-Römer GmbH gegründet.
Seht euch um: Aus welchem Jahrzehnt könnten die Gebäude stammen?
Die Orientierung am hist. Leitbild setzte sich durch. Obwohl der Abriss bereits für 2007 angesetzt war, wurde das Gebäude erst im Jahre 2010 abgerissen. Das Gelände soll in Anlehnung an den historischen Stadtgrundriss bebaut werden.
Die ursprüngliche kleinteilige und von engen Gassen geprägte Bebauung fiel 1944 den Bomben zum Opfer und soll nun den heutigen Nutzungsanforderungen entsprechend wieder bebaut werden. Insgesamt sollte die neue Bebauung in Maßstab und Form sich den Bauten in der Umgebung wie Dom und Römer unterordnen.
Das neue Dom-Römer-Quartier wird 7000 m² umfasssen, wobei neben dem Stadthaus 35 Altstadthäuser (15 Rekonstruktionen und 20 Neubauten) erstellt werden. Dabei sollen ca. 200 Menschen in rund 80 Wohnungen unterkommen können, sowie 30 Erdgeschossflächen für Gastronomie und Einzelhandel entstehen. Die Baukosten des Hauptprojekts belaufen sich auf ungefähr 136 Millionen Euro. Aufwendungen für Sanierung und Umbau der Tiefgarage Dom-Römer, die Kosten für die Außenanlage und die Anpassungen an die Schirn kommen noch zu den bestehenden Kosten hinzu.
Die Quadratmeterpreise für Wohnungen und Häuser werden voraussichtlich 3.700 bis 5.500 Euro betragen.
Die Fertigstellung ist für das Jahr 2017 geplant.
Quellen:
- https://www.stadtplanungsamt-frankfurt.de/dom_roe-mer_areal_5208.html (11.10.14)
- https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/technisches-rathaus-in-frankfurt-nackt-bis-auf-den-beton-1952598.html (11.10.14)
- https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt-hohe-nebenkosten-fuer-die-altstadt-12095895.html (15.10.14)
- https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst-und-architektur/verhindern-wir-die-pergola-frankfurt-streitet-ueber-die-historische-rekonstruktion-seiner-altstadt-13891627.html (18.05.2016)
- DomRömer GmbH (2010-2015): DomRömer-Zeitung: Informationen zum Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt: https://www.domroemer.de/downloads (18.05.2016)
- https://www.domroemer.de/die-stadt-lebt (19.05.2016)
Standort 3: Deutschherrn-Viertel
Moderne
Das Deutschherrnviertel ist ein neu entstandenes, etwa 12 ha großes Viertel in Frankfurt. An dieser Stelle befand sich zuvor der für die Stadt über viele Jahrzehnte hin sehr wichtige Schlachthof. Über ein Jahrhundert lang (1883‐1993) versorgte er die Stadt Frankfurt, musste jedoch ab den 1970er Jahre subventioniert werden, da die ausländische Konkurrenz günstiger produzierte.
Der Standort war von seiner Lage her, aus historischer Sicht, verkehrstechnisch hervorragend, bedingt durch die Nähe zum Main. In heutiger Sicht ist ein Schlachthof von solchen Ausmaßen innerhalb der Stadt undenkbar. Der Schlachthof musste also verlegt werden. (Wie einst, als er noch am Dom situiert war und dort nicht mehr seine Kapazitäten erweitern konnte, um die wachsende Nachfrage zu stillen.)
Allerdings wurde nie ein neuer Schlachthof für Frankfurt geschaffen. (Man wich auf andere Schlachthöfe in der Umgebung aus.)
Stadtplanerisch gesehen war der Standort am Main, nahe der Innenstadt, höchst ungünstig. Dies hatte sowohl ästhetische als auch ökologische Hintergründe. In den 1980ern wurde beschlossen (nachdem das Architektenbüro Albert Speer & Partner ein Gutachten erstellt hatte), dass die Fläche neugestaltet werden müsse. [Stichwort: Flächenrecycling und Konversionsfläche]
Es ging um die Verschönerung der Stadt im Anschluss zur Neugestaltung des Mainufers als Freizeit‐ und Naherholungsmeile. Wegen der vormals industriellen Nutzung mussten die Altlasten behoben und das Image des Viertels aufpoliert werden. Es gab zahlreiche politische Debatten über die Neugestaltung des Areals: Vom Wiederaufbau eines neuen effektiveren Schlachthofes bis hin zur völligen Neuordnung.
Letztlich wurde in den 90ern der Entschluss gefasst, das Viertel, nach dem Leitbild der kompakten Stadt, sowohl als Wohn, als auch als Arbeits‐ und Freizeitraum zu nutzen.
Im Jahr 2001 wurde dann die letzte Freifläche verkauft. Man schrieb einen städtebaulichen Wettbewerb aus, aus dem der Architekt Tom Bock als Gewinner hervorging. Somit stand der Mischnutzung aus Wohn‐ und Gewerbegebäuden nichts mehr im Wege. Diese beinhaltet u. a. das heutige Main Plaza, Europas erstes Boardinghotel, 88 Meter hoch, erbaut im Stil New Yorker Hochhäuser der 1930er Jahre, das Colosseo und das Main Triangel. Dem Main zugewandt befinden sich die sogenannten Solitäre, die ausschließlich der Wohnnutzung dienen. [Stichwort: Wohnen am Wasser oder Waterfront Development (vgl. bspw. Hafencity Hamburg)]
Nutzung des Deutschherrnviertels (Theiss, 2011, 118 (verändert))
Das Projekt wurde 2004 fertiggestellt und von mehreren Investoren getragen. Die Kosten betrugen ca. 110 Mio. DM. Geplant war ein Nutzungsverhältnis von 3:1 (Wohnen‐Arbeiten) – umgesetzt wurde jedoch ein Verhältnis 1:1. Auch wenn das Projekt nicht so angelegt war, ist es zu einem Prestigeobjekt gewachsen und begünstigt somit, aufgrund der teuren Mieten, die soziale Segregation.
Quellen:
- http://www.frankfurt.de/sixcms/detail. php?id=7916176&_ffmpar[_id_inhalt]=7890705 (11.10.14)
- http://www.frankfurt-sachsenhausen.de/cms/pages/wissenswertes/sachsenhausen-entdecken/dasdeutschherrnviertel. php (11.10.14)
Standort 4: Alt-Sachsenshausen
Mittelalter vs. Moderne (Nutzung)
In welcher Stadtentwicklungsphase befinden wir uns an diesem Ort?
Altsachsenhausen ist das größte zusammenhängende Gebiet an hist. Gebäuden in Frankfurt und ist somit zugleich einer der wenigen Relikte der Altstadt, die nicht vollständig während des 2. WK zerstört wurden.
Herausragend sind die noch erhaltenen mittelalterlichen Strukturen in Altsachsenhausen: Verzweigte, enge Gassen mit typischen Pflasterstein versehen, schmale Gebäude mit geringer Grundfläche (kleine Bodenparzellen), charakteristisches Fachwerk, breitere Obergeschosse (Flächenmaximierung in die Vertikale; meist nur ein bis zwei Obergeschosse), kleine Fenster usw.
Mittelalterliche Bebauung (Jürgen Engelhardt: Frankfurt - Ein Jahrhundert Stadtgestaltung im Vergleich, Heinrich Hugendubel verlag, München 1990, S. 166/167)
Wofür ist das Viertel heute bekannt?
Nach dem 2. WK etablierte sich Altsachsenhausen zum Kneipenviertel bzw. Ausgehviertel mit verstärkter Präsenz der US-amerikanischen Truppen (heute: 80 Lokale im Kern und insgesamt mehr als 130 in nächster Umgebung).
Das Viertel entwickelte sich zu einem reinen Entertainmentort, welches die historischen Gebäude in einem desolaten Zustand zurückließ. Heute kämpft Sachsenhausen mit seinen berühmten Apfelwein‐, Bierbrau- und Vergnügungsstätten um sein Image: Nicht wenige verbinden mit dem Viertel Betrunkene, Schlägereien oder Zechbetrügereien.
Um dem entgegen zu wirken und um die Monofunktion aufzulockern, verabschiedete die Stadt bereits im Jahre 2001 das „Förderprogramm Alt‐Sachsenhausen“ mit einem Volumen von 15 Millionen Euro. Zusammen mit der Erhaltungssatzung aus dem Jahre 2003, sollten Baulücken, ungepflegte Fassaden und verwahrloste Höfe beseitigt bzw. erneuert werden. Es gab zuvor schon ähnliche Bemühungen (1995: Rahmenplan Altsachsenhausen; 2000: Farbleitplan). Die Satzung enthält strenge Vorgaben, wie das Gebäude zu renovieren ist (Farbe, Fassade etc.).
Ziel dieser Verordnungen soll somit unter anderem auch sein, eine Durchmischung des Viertels und damit eine Belebung auch unter der Woche und tagsüber zu erreichen. Es ist jedoch nicht verpflichtend, die Häuser sofort zu renovieren, welches wiederum den Nachteil mit sich bringt, dass die Besitzer bzw. die Pächter gar nicht oder nur bedingt ins Gebäude investieren. Bis 2008 wurden jedes Jahr rund zwei Millionen Euro in die Sanierung des Viertels gesteckt. Der Großteil davon war für Eigentümer gedacht, die ihr Haus verschönern wollten. Jede Sanierung bekam maximal 20 Prozent Zuschuss. Wer seine Fassade nach einem von der Stadt herausgegebenen Farbleitplan streichen lies, konnte mit zusätzlichem Geld rechnen.
Der Rest war für öffentliche Wege und Plätze vorgesehen. Ziel der Erhaltungssatzung (beschränkt auf einen ausgewiesenen Geltungsbereich) ist, das ursprüngliche Bild wiederherzustellen, der Stadt Frankfurt wieder eine hist. Identität zu verleihen und dies für die Zukunft zu sichern. [Stichwörter: Orientierung am hist. Leitbild; Nachhaltigkeit]
Eine weitere Maßnahme der Stadt befasst sich mit der Subventionierung von Künstlerateliers. Damit möchte die Stadt ein spezielles Klientel – KünstlerInnen - in das Viertel locken, die den Stadtteil aufwerten und verschönern sollen, was wiederum ein gehobeneres Klientel anziehen soll.
Quellen:
- http://www.hr-online.de/website/rubriken/kultur/index. jsp?rubrik=5676&key=standard_ document_49659271 (11.10.14)
- www.stadtplanungsamt-frankfurt.de/show.php?ID=5885&psid=d (11.10.14)
Standort 5: Museumsufer
Moderne
Das Museumsufer ist in seiner Ausrichtung eine einzigartige Kulturmeile in Europa. Es nimmt für die Stadt Frankfurt eine bedeutende Rolle ein, da mit ihm Stadtimage und Stadtmarketing eng verbunden sind. Die meisten Museen stammen aus dem letzten Jahrhundert, wobei auffällt, dass gegen Ende des 20. Jh. besonders viele ihren Standort am Main fanden bzw. dort errichtet oder erweitert wurden.
Von internationaler Bedeutung sind das , das , das , das , das (MAK) und das .
Zwischen 1980 und 1990 wurden bestehende Museen ausgebaut und neue errichtet ‐ teilweise ehemalige Patriziervillen umgebaut oder Neubauten von renommierten Architekten entworfen.
Übersicht Museumsufer
Was versucht eine Stadt mit einem solchen Angebot zu erreichen?
Diese Ballung von Museen geht auf eine Idee des Frankfurter Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann zurück und hat diverse Ziele: Zum einen soll sie das Ansehen und somit das Image der Stadt fördern, womit weitere Menschen eines gewissen Bildungsniveaus und entsprechendem Kapital angelockt werden (auch Touristen). Und zum anderen sollen so weitere Investoren gewonnen werden, die dann wieder in neue Projekte (z. B. stadtgestalterisch) investieren, das Stadtbild also weiter heben. Die Devise ist sich von anderen Städten abzuheben, eine Art ‚Stolzgefühl‘ gegenüber der Stadt innerhalb der städtischen und regionalen Bevölkerung aufzubauen (vielleicht auch darüber hinaus), die Stadt zu vermarkten und nicht nur als öde Finanzstadt ‚ohne Seele‘ zu gelten.
Veranstaltungen wie das Museumsuferfest (2014: über 20 offene Museen und 2,6 Millionen Besucher), die Nacht der Museen (2014: 46 offene Museen/Galerien und 35.000 Besucher), der Weihnachtsmarkt (rund 3 Millionen Besucher jährlich) oder die Fußball-WM 2006, fallen ebenfalls in diese Vermarktungskategorie. Die Stadt soll mehr sein als nur ein Arbeits- und Wohnraum. Sie soll auch ein Freizeitraum sein, den die Menschen gerne aufsuchen und an dem sie sich gerne aufhalten.
Der Prozess der Festivalisierung gewinnt mehr und mehr an Bedeutung, da die qualitativen Ansprüche an eine Stadt bedeutender werden. Im Zeitalter der Vernetzung, Kommunikation und Globalisierung spielen weiche Standortfaktoren (qualitativ) eine unmessbare Rolle und sind mittlerweile auf Augenhöhe mit den sogenannten harten Standortfaktoren. [Ziele sind vielschichtig und beinhalten Bereiche wie Identifikation der Stadtbewohner mit ihrem Wohnstandort (‚Stolzbewusstsein‘), Ankurbeln der Wirtschaft (ökonomische Interessen), Ästhetik, Ansehen, Medienpräsenz, Konkurrenzfähigkeit mit anderen Städten (beispielsweise das Bewerben verschiedener Städte als Standort der olympischen Spiele), Aufwertung der Stadt als solche, Belebung etc.]
Abbildung: Valentina Tayyar, 2023
Quellen:
- http://www.fr-online.de/museumsuferfest/museumsuferfest- die-schoensten-bilder-vom-museumsuferfest, 28235354,28279118.html (11.10.14)
- http://www.nacht-der-museen.de/frankfurt/ presse/welt.pdf (11.10.14)
- Häußermann, H, und W. Siebel (1993): Festivalisierung der Stadtpolitik: Stadtentwicklung Durch Große Projekte. Wiesbaden (Springer)
- Purhan-Schulz, F. (2005): Museen und Stadtimagebildung: Amsterdam – Frankfurt/Main – Prag. Bielefeld (transcript)
Standort 6: Eiserner Steg
Industrialisierung
1868 wurde der 170 m lange Eiserne Steg erbaut um eine Fußgängerbrücke zu schaffen, die den Römerberg mit dem Stadtteil Sachsenhausen verbindet. Das Verkehrsaufkommen auf der Alten Brücke war enorm angestiegen, doch der Magistrat war nicht willig das Geld aufzubringen, um eine neue Brücke zu bauen. So gründeten die Bürgerinnen und Bürger Frankfurts 1867 den Verein „Gesellschaft zur Erbauung einer eisernen Brücke“, der später in der Presse als „Eiserner Steg“ bezeichnet wurde.
Geplant und gebaut wurde die Brücke von dem Ingenieur Peter Schmick und finanziert wurde sie über Anteilsscheine, die jede/r BürgerIn zu einem bestimmten Preis (100 Gulden) erwerben konnte. Nach Tilgung der Bauschulden sollte die Brücke der Stadt kostenlos übergeben werden.
Im Jahre 1869 wurde der Eiserne Steg eingeweiht und jeder überquerende Fußgänger musste eine Maut von einem Kreuzer bezahlen, womit wiederum das Bauprojekt refinanziert werden sollte. Da die Brücke stark genutzt wurde, konnte das Geld schneller als erwartet eingetrieben werden.
Die Industrialisierung, in der die Städte enorm schnell wachsen, und das Mittelalter, in dem etliche Neugründungen stattfanden, sind die beiden wichtigsten Stadtentwicklungsphasen.
Die Brücke wurde im typischen zeitgenössischen Stil gebaut (Nietenfachwerk). Stahl war das dominante Baumaterial der Industrialisierung. Es konnten architektonische Meisterwerke geschaffen werden, die zuvor mit dem Baumaterial undenkbar gewesen wären (Beispiele: Titanic, Eifelturm usw.).
Eiserner Steg (Jürgen Engelhardt: Frankfurt - Ein Jahrhundert Stadtgestaltung Im Vergleich, Heinrich Hugendubel Verlag, München 1990, S. 33)
Das Industriezeitalter steht für rasantes Wachstum. Es wurde eine Produktivität auf industrieller und agrarischer Ebene erreicht, die alles Vorherige in den Schatten stellt.
Mit dem Wachstum der Industrie und der Landwirtschaft wuchsen auch die Städte. [Stichwort: Urbanisierung; Push‐ und Pullfaktoren] Es herrschte Not und Elend, aus dem wiederum soziale Leistungen entstanden bzw. der moderne Wohlfahrtsstaat.
Auch die Bevölkerungszahl in Frankfurt wuchs rasant an. Sprunghafte Anstiege sind insbesondere durch Eingemeindungen zu erklären. Mit der wachsenden Masse an Menschen steigerte sich sowohl die Nachfrage als auch das Angebot. Transportbedarf war äußerst hoch wie der Bau zahlreicher Bahnhöfe und Bahnnetze indiziert.
Einwohnerzahlen Frankfurt am Main
Wie so viele Brücken im zweiten Weltkrieg wurde auch der Eiserne Steg noch gegen Ende des Krieges von den Nazis gesprengt, doch schon 1946 nach selbem Muster und aus dem gleichen Material wieder aufgebaut.
Ein interessantes neues Phänomen, welches viele Brücken europaweit betrifft, ist das Aufhängen von „Liebesschlössern“. In Frankfurt hat es den Eisernen Steg erwischt, dessen Geländer nun durch unzählige Schlösser behängt sind. Neben anderen Bräuchen, wie in Baumrinde schnitzen oder Botschaften an Bushaltestellen malen, sind die Liebeschlösser eine neue Form im kulturellen Repertoire. Der Status des Liebespaares soll gegenüber Dritten kundgetan werden. Woher die Schlösser-Sitte stammt ist nicht ganz klar. Manche machen den Schriftsteller Federico Moccia und sein Buch „Drei Meter über dem eisernen Himmel (1992) dafür verantwortlich, in dem solches Tun beschrieben wird. Das Geländer der Pont des Artes in Paris ist im Juni 2014 unter der Last der Liebesschlösser auf einer Länge von 2,5 Metern zusammengebrochen.
Für den Eisernen Steg besteht laut dem Verkehrsdezernat jedoch keine Gefahr des Zusammenbruchs.
Quellen:
- https://www.dein-rhein-main.de/staedte/frankfurt/themen/tourismus/sehenswuerdigkeiten/beruehmte-bauwerke/eiserner-steg.html (11.10.14)
- http://www.fr-online.de/frankfurt/eiserner-steg-die-lastder- liebesschloesser,1472798,28010784.html (11.10.14)
- http://www.frankfurt.de/sixcms/detail. php?id=11627242&_ffmpar%5B_id_inhalt% 5D=8414 (11.10.14)
- Industrialisierung, Urbanisierung: Gregory, D., R. Johnston, G. Pratt, M. Watts und S. Whatmore (2009): The Dictionary of Human Geography. Oxford (Wiley-Blackwill)
Exkurs:
Das griechische Motto, das die Stahlkonstruktion überspannt, ist ein Zitat aus Homers Odyssee (I,183) und Relikt des Museumsuferfests 2001, als Griechenland Gastland der Buchmesse war: ΠΛΕΩΝ ΕΠΙ ΟΙΝΟΠΑ ΠΟΝΤΟΝ ΕΠ ΑΛΛΟΘΡΟΟΥΣ ΑΝΘΡΩΠΟΥΣ (πλέων ἐπὶ οἴνοπα πόντον ἐπ' ἀλλοθρόους ἀνθρώπους; pléōn epí oínopa pónton ep’ allothróous anthrópous, „Segelnd auf weindunklem Meer hin zu Menschen anderer Sprache“).
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Eiserner_Steg_(Frankfurt_am_Main) (11.10.14)
Standort 7: Berliner Straße
Wiederaufbau - Moderne
Nach dem 2. WK war (wie bereits erwähnt) über 80% der Stadt innerhalb des Anlagenrings vollkommen zerstört. Ende der 40er und Anfang der 50er entschied man sich die Stadt Frankfurt für das zunehmende Verkehrsaufkommen zu rüsten.
Nachdem bereits Anfang des Jahrhunderts ein erster Straßendurchbruch innerhalb der Altstadt stattfand, beschloss man nun eine Bresche von 28 Metern Breite durch die Altstadt zu schlagen, die „Berliner Straße“ (1952‐1953).
Berliner Straße 1952 ( http://www.aufbau-ffm.de/serie/Teil11/teil11.html , 9.10.08)
Heute ist sie mit 890m Straßenlänge die wichtigste Verkehrsader in der Altstadt. [Stichwort: Leitbild der autogerechten Stadt]
Die Bevölkerung wurde mittels des PKWs nach und nach mobiler. [Stichwort: Zuwachs des motorisierten Individualverkehrs] Grund für diese Entwicklung war v. a. die Trennung der Grunddaseinsfunktionen. Die Städte passten sich der Entwicklung an und veränderten dementsprechend ihre Verkehrswege.
Was fällt euch an der Bauweise au? Warum ließ man so viel Freiraum zwischen den einzelnen Gebäudeteilen?
Typisch für die Zeit des Wiederaufbaus ist auch die Zeilenbauweise bei den Gebäuden („moderne Neubebauung“). Nach dem Krieg musste innerhalb der Innenstädte möglichst schnell wieder Wohnraum geschaffen werden. Die Zeilenbauweise war schlicht, günstig, bot mehr Wohnraum durch die niedrigen Geschosshöhen (vgl. gründerzeitliche Häuser) und vor allem sicher.
Sicherheit stand an erster Stelle, denn der Krieg war noch sehr präsent in den Köpfen der Bevölkerung. Durch die mittelalterliche enge Bebauung konnte das Feuer, welches durch die Bombardements verursacht wurde, schnell von einem zum anderen Haus übergreifen und auch die Feuerwehr hatte Probleme durch die engen Gassen zu kommen. Auf Grund dessen entschied man sich (stadtplanerisch) für mehr Freiraum zwischen den einzelnen Häusern.
Quellen:
- Müller-Raemisch, H. (1998): Frankfurt am Main: Stadtentwicklung und Planungsgeschichte seit 1945. Frankfurt (Campus)
Standort 8: Zeil
Wiederaufbau - Moderne
Historischer Hintergrund: Die Zeil erhielt ihren Namen von der ehemaligen Häuserzeile, die an der Nordseite der staufischen Mauer (gebaut im 12. Jahrhundert, um 1180) entlang lief. Wir befinden uns hier außerhalb der Stadtgrenzen/Staufermauer von damals. An diesem Ort wurde der Viehmarkt abgehalten. Auf Grund des Gestanks und der Hygiene außerhalb der Stadtmauern, während der Hauptmarkt am Römer stattfand. Von der Staufermauer sind heute noch Reste an der Fahrgasse zu sehen.
Zeil 1895 (Jürgen Engelhardt: Frankfurt - Ein Jahrhundert Stadtgestaltung Im Vergleich, Heinrich Hugendubel Verlag, München 1990, S. 120)
Im 19. Jahrhundert wandelte sich die Zeil, zuvor mit zahlreichen barocken Stadtpalästen, zu einer Geschäftsstraße mit gründerzeitlichen Bauten. Die Zeil entwickelte sich neben dem Römer zu einem der wichtigsten Punkte des öffentlichen Lebens.
Ab der Jahrhundertwende entstanden die ersten großen Warenhäuser (erstes 1898 Kaufhaus Hoff), ähnlich wie in anderen europäischen Großstädten.
Zeil 1910 (Jürgen Engelhardt: Frankfurt - Ein Jahrhundert Stadtgestaltung Im Vergleich, Heinrich Hugendubel Verlag, München 1990, S. 120)
Im 2. WK wurde die Zeil jedoch nahezu vollkommen zerstört. Im Zuge der Mobilisierung (50er/60er) [Stichwort: Leitbild der autogerechten Stadt] wurde die Straße um 8 Meter verbreitert. [Stichwort: Wiederaufbau] Die Straße entwickelte sich neben der Berliner Straße zur wichtigsten Ost‐West‐Verbindung innerhalb der Innenstadt.
Zeil 1950 - Ansichtskarte (privat)
Ab den 60er Jahren entstanden „auf der grünen Wiese“ (bspw. ) Einkaufszentren, die mit der Zeil konkurrierten. Um das „Aussterben der Innenstadt“ zu vermeiden, wurden Konzepte zur Attraktivitätssteigerung entwickelt (Zeil aktiv, Galerien, Passagen, Feste, u. sonstige Attraktionen; mit dem Ziel Einkaufen soll nicht zur Versorgung dienen, sondern auch zum Erlebnis werden).
Verkehr: Wegen des hohen Verkehrsaufkommens und der erhöhten Unfallgefahr, entschloss man sich Anfang der 70er zu mehreren Probesperrungen. Die Händler und Unternehmer waren weniger begeistert, denn sie befürchteten durch die Sperrung der Zeil für den Automobilverkehr, dass die Kundschaft und somit der Umsatz ausbliebe. Die kritischen Stimmen der Geschäftsleute verstummten, als man die überwältigend positive Resonanz der Bevölkerung wahrnahm. Auch das Verkehrschaos blieb aus, welches gerade für die nun stärker befahrene Berliner Straße prognostiziert wurde. 1973 wurde die Zeil endgültig für den Autoverkehr gesperrt. Wenig später (1976) wurde auch der Straßenbahnverkehr stillgelegt. Vorerst war angedacht, den Straßenverkehr mittels eines Tunnels unter der Zeil fortzuführen, doch diese Idee wurde verworfen. In den 80ern entstand schließlich die B-Ebene mit dem U‐ und S-Bahnverkehr.
Durch den Wandel im Einzelhandel bzw. Filialisierung werden kleinere Geschäfte von den großen Einkaufsstraßen verdrängt. Die Folge ist, dass mit dieser Entwicklung die Einkaufsstraßen an Individualität und an Ambiente verlieren (vgl. Konzepte zur Attraktivitätssteigerung, s. oben). Um dem entgegenzusteuern, sind Projekte wie die „Zeilgalerie“ und „Frankfurt Hoch 4“ in Angriff genommen worden. Ziel ist es, sich nicht nur von der Konkurrenz auf der grünen Wiese (im subund exurbanen Raum), sondern auch von anderen Großstädten (bspw. Düsseldorf mit der großen Einkaufstraße „Kö“ [Königsallee]) abzusetzen. Die Zeil wird in diesem Zusammenhang auch oft als „umsatzstärkste Einkaufstraße Deutschlands“ bezeichnet.
Zeil 1990 (Jürgen Engelhardt: Frankfurt - Ein Jahrhundert Stadtgestaltung Im Vergleich, Heinrich Hugendubel Verlag, München 1990, S. 121)
Am 26. Februar 2009 wurde das Großbauprojekt „Frankfurt Hoch 4“ mit der Einweihung des neuen Shopping‐Centers „“ eröffnet. Neben Europas längster freitragender Rolltreppe bietet „MyZeil“ hochwertige Einkaufsmöglichkeiten, Freizeit-und Fitnessangebote, sowie eine große gastronomische Vielfalt.
Standort 9: Kaiserplatz
Moderne
Der Kaiserplatz ist einer der zentralen Orte in Frankfurt, am süd‐östlichen Rand des Bankenviertels. (Namensgebung: an Erinnerung an deutsche Reichsgründung 1871 Ende des 19. Jahrhunderts, als sogenannter Durchbruch in Ost‐West‐Richtung, wurde der Kaiser zur Eröffnung des Hauptbahnhofes (1888) eingeladen – Kaiserstraße und Kaiserplatz.)
Der Platz ist sternförmig angelegt (Kaiserstraße von Ost nach West Verbindung zwischen Rossmarkt und Hauptbahnhof, südlich Friedensstraße, Osten Bethmannstraße zum Goethehaus, Norden Kirchnerstraße zum Bankenviertel) und ist von drei wichtigen Gebäuden umgeben: das Frankfurter Hof (einer der ersten Hoteladressen in FFM), das sog. (gebaut 1951 und eines der ersten Bürohochhäuser in Frankfurt), der (259 m hoch, mit Antenne 300 m; das zweithöchste Gebäude in Europa – nur der sog. Triumph‐Palace (264 m) in Moskau ist höher).
Frankfurt als Finanzplatz: Heute wird Frankfurt als Finanzzentrum Deutschlands bezeichnet. Das heute stark ausgeprägte Finanzstandbein hat eine lange Geschichte, die allerdings nicht kontinuierlich von statten lief:
Das Frankfurter Bankwesen steht in der Tradition der schon früh im Mittelalter abgehaltenen Messen und des Handels. Diese Faktoren sind vor allem der günstigen Verkehrslage zuzusprechen. Anfangs war es die Furt, die eine der wenigen natürlichen Überquerungen über den Main darstellte und das Reisen nach Norden oder Süden ermöglichte. Sie wurde schon von den Römern wegen ihrer immensen Bedeutung für Handel und Versorgung bewacht.
Der Römer war der zentrale Ort des Handels und so finden die ersten Bankinstitute hier ihre Wurzeln (1402 erste Wechselstube). 1585 entsteht die erste Börse auf dem Römer, um verbindliche Wechselkurse festzulegen.
In der Folgezeit, im 16. und 17. Jahrhundert, kamen wichtige Impulse für das Wirtschaftsleben durch Auswärtige, meist protestantische Glaubensflüchtlinge aus Italien, Frankreich und den Niederlanden.
Bedeutend waren vor allem im 18. und 19. Jahrhundert die jüdischen Bürger, die sich mangels Alternativen besonders im Finanzsektor engagierten. [Wichtig für FFM: Familien Rothschild und Bethmann.]
Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts ist Frankfurt der wichtigste Finanzplatz Deutschlands.
Bedeutungsverlust Frankfurts als Finanzstandort: Mit der Industrialisierung stieg auch das Risiko im Finanzsektor, was anfangs die traditionsbewussten Frankfurter Bankiers abschreckte.
1866 wurde Frankfurt in den preußischen Staat eingegliedert, in dem sich die wirtschaftliche und politische Macht auf Berlin konzentrierte. Des Weiteren war Frankfurt verhältnismäßig gering beteiligt am sog. Gründerboom.
Hinzu kam, dass während der Weimarer Republik und der folgenden NS‐Zeit (Arisierung) ein deutlicher Rückgang des Privatbankiers zu beobachten war, welche in Frankfurt sehr stark vertreten waren.
Aufschwung zur Finanzmetropole: Unmittelbar nach Kriegsende wurde das US‐Army Hauptquartier (I.G. Farben Gebäude; heutiger Westend‐ Campus) nach Frankfurt verlegt.
Drei Jahre später (1948) wurde in FFM die Bank Deutscher Länder (später: Deutsche Bundesbank) zur Verwaltung der Marshall‐Plan‐Gelder gegründet. Dieser Schritt war entscheidend, denn mit dem Sitz der Deutschen Bundesbank (ab 1957) in Frankfurt [mit der ursprünglichen Absicht, das Bankwesen von der politischen Einflussnahme zu trennen] wählten viele Großbanken die Stadt als Hauptsitz.
1957 ist demzufolge ein richtungsweisendes Jahr für Frankfurt als Bankstandort gewesen.
Im Jahre 1999 erhielt Frankfurt den Zuschlag für die Europäische Zentralbank (EZB). Heute gibt es über 400 Banken in Frankfurt und 12% aller Beschäftigten arbeiten im Finanzwesen. Frankfurt ist Europas zweitwichtigster Finanzstandort nach London und ist eine bedeutende sog. Global City.
→[Gründe hierfür: Historie, frühe Messen und Bankinstitute, frühe Börsenaktivitäten, Frankfurt als Handelsplatz, zentrale Lage, verkehrsgünstig, dt. Bundesbank, Ansiedlung von Großbanken (auch Imagegründe), EZB, Flughafen (zweitgrößter hinter London Heathrow), Messestadt etc.]
Commerzbank und Hochhäuser in FFM: Der Commerzbank Tower ist mit 259 m (300 m mit Antenne) das höchste Gebäude in Frankfurt und wurde 1997, nach drei Jahren Bauzeit, fertiggestellt (britischer Architekt: Sir Norman Foster).
Hochhäuser sind generell allein stehende Gebäude, die mindestens in 22 Meter Höhe einen Aufenthaltsraum haben, da die Feuerwehrleitern nur bis in diese Höhe reichen. Als Ursprungsstätte der Hochhäuser bzw. Wolkenkratzer (Hochhäuser ab 40 m Höhe oder mehr als 12 Stockwerken) gilt Chicago (http://de.wikipedia.org/wiki/Wolkenkratzer (15.10.14)).
Frankfurt ist in seiner Ausprägung in Bezug auf die Skyline einzigartig in Deutschland, aber international gesehen eher zweitrangig. 2009 wurde der Commerzbank Tower mit dem Green Building Award der Stadt Frankfurt ausgezeichnet.
Quellen:
- http://www.frankfurt.de/sixcms/detail. php?id=7916176&_ffmpar%5B_id_inhalt% 5D=7890711 (11.10.14) http://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=8439 (11.10.14)
- http://www.derdichtebau.de/commerzbank-frankfurt. 111774.htm (11.10.14)
- Alexander, M. und G. Kittel (2006): Hochhäuser in Frankfurt. Frankfurt (Societätsverlag)
Standort 10: Basis / Dreimorgen
Zwischennutzung
Die Zwischennutzung gilt seit dem neuen Jahrtausend als wichtiger Motor für die Stadtentwicklung. Denn Großstädte unterliegen einem ständigen Wandel, welcher durch ökonomische, kulturelle und soziale Faktoren beeinflusst wird. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Bauen von riesigen Bürozentren in fast allen Städten während der 1970er Jahre. Heutzutage sind Unternehmen jedoch vermehrt von „Outsourcing“ und Rationalisierungsmaßnahmen geprägt. Die Folge daraus ist das Schrumpfen von Unternehmen und der daraus resultierende Büroleerstand.
Nun kommt die Zwischennutzung ins Spiel. Der Begriff bezeichnet eine zeitlich befristete Nutzung von Leerstand oder auch brachliegenden Flächen. Diese Form der Übergangsnutzung ist häufig nicht profitorientiert und erfolgt deshalb zu nicht marktüblichen Konditionen, sprich der Leerstand wird günstig an Zwischennutzer vermietet. Bei der Nutzungsform wird ein symbiotischer Charakter für Nutzer, Eigentümer und die Stadtentwicklung deutlich. Für Nutzer ist es eine Strategie zur Selbstverwirklichung oder um Ideen in die Realität umzusetzen. Dadurch wird Leerstand vermieden und die Eigentümer können so Schäden und Vandalismus entgegen wirken. Der beste Fall wäre dabei eine langfristige Imageaufwertung des ganzen Viertels, durch die Reduktion von Leerstand. Längst sind Zwischennutzungen nicht mehr informell, spontan und kreativ. Immer mehr Agenturen entstehen aus der Nachfrage und befassen sich damit. Beispiele sind in Frankfurt ‚RADAR‘, in Mainz ‚Schnittstelle5‘ oder in Bremen ‚ZwischenZeitZentrale‘. Es gibt keine typischen Zwischennutzungen. Von Gärten über Kunst, Büros und temporäres Wohnen ist alles dabei. Zwischennutzer sind meistens soziale Initiativen oder Vereine sowie Existenzgründer und Kreative.
In der Zwischennutzung werden einige Potentiale gesehen. Denn es wird Partizipation gefördert und es erfolgt eine Auseinandersetzung mit vorherrschenden Stadtentwicklungsprozessen. Vor allem geht es dabei um die Förderung einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Das Prinzip ist einfach und der Erfolg dieser neuen Entwicklung lässt sich einfach erklären. Die Nutzer suchen günstige Flächen um mit einem geringen Risiko ihre Ideen zu verwirklichen. Gleichzeitig legen die Eigentümer Wert auf wenig Verwaltungsarbeit und auf unaufwändige Instandhaltungsmaßnahmen.
Da Frankfurt besonders von großem Büroleerstand betroffen ist (Leerstandsquote (2013): ca. 12 % entspricht 1,5 Millionen m²) beschloss die Stadtverordnetenversammlung 2010 das Förderprogramm „Leerstehende Räume für Kreative“. Seither wurden über 80 Anträge von Kreativen bewilligt (Bspw. Planungsbüros, Bildhauerstudios, Ateliers, ...). Mit der Förderung des Umbaus leerstehender Räume für Kreative sollen Gebäude und Gebiete städtebaulich aufgewertet werden indem die Vermietung der Leerstände für kreativ- und kulturwirtschaftliche Nutzungen unterstützt wird. Damit soll sowohl die Lebensqualität in den Stadtquartieren als auch das Raumangebot für die Branchen der Kreativwirtschaft gesteigert werden. Laut Bürgermeister Olaf Cunitz konnten in der bislang dreijährigen Laufzeit die Ziele des Programms hinsichtlich der städtebaulichen Aufwertung, als auch die Unterstützung der Kreativwirtschaft erreicht werden. Durch diese Maßnahme sind laut Cunitz viele Kreative der Mainmetropole erhalten geblieben und nicht in andere Städte (besonders Berlin) abgewandert.
Im Auftrag der Stadt agiert die Leerstandsagentur RADAR (http://radar-frankfurt.de/, 11.10.14) als Vermittler und Bindeglied zwischen den Eigentümern und Kreativen. Im Juni 2011 zog „Souvenir“ von der Kaiserpassage in die Zeilgalerie. Nach drei Jahren als Zwischennutzung in der Zeilgalerie, wo die Kosten pro Quadratmeter bei 35 000 € liegen (http://stadtplan.frankfurt.de/frankfurt/html/de/start/bodenrichtwerte.html (11.10.14)), zog „Souvenir“ im September 2014 um.
Quellen:
- http://www.frankfurt.de/sixcms/detail. php?id=2855&_ffmpar[_id_inhalt]=21986075 (11.10.14)
- www.stadtplanungsamt-frankfurt.de/show.php?ID=10179&psid=2 (11.10.14)
- http://www.dr-luebke.com/images/upload/ images/4%20Maerkte/6_frankfurt/marktbericht_ frankfurt.pdf (11.10.14)
Standort 11: Bahnhofsviertel
Industrialisierung und Moderne
Das Bahnhofsviertel ist ein durchweg geplantes Viertel, welches sich teils auf dem Gebiet der ehemaligen Stadtmauer befindet.
Im Zuge der Industrialisierung und dem damit zunehmenden Güter und Personenverkehr, genügten die Kapazitäten der drei älteren Bahnhöfe (Taunusbahnhof, Main‐Neckar‐Bahnhof und Main‐Weser‐Bahnhof) nicht mehr aus. Man kam zu dem Entschluss, es müsse ein neuer zentraler Kopfbahnhof (Sackbahnhof) gebaut werden.
1888 löste der neue Hauptbahnhof, den man 600 m westlich der Stadt auf ein unbenutztes Areal gesetzt hatte, die Westbahnhöfe endgültig ab. Auf dem noch offenen Gebiet zwischen Stadt und Hbf. entstand nach sorgfältiger Planung das noch heute zu sehende Bahnhofsviertel mit typisch gründerzeitlichen Baustrukturen. Geplant war ein nobles Geschäfts- und Wohnviertel, welches sich in der Architektur wiederspiegelt.
Bahnhofsviertel um 1912 (Jürgen Engelhardt: Frankfurt - Ein Jahrhundert Stadtgestaltung Im Vergleich, Heinrich Hugendubel Verlag, München 1990, S. 186)
Gründerzeitliche Bebauung: Typisch für die gründerzeitliche Bebauung ist die sog. Blockrandbebauung. Die Gebäude sind meist fünf-geschossig und mit Hinterhöfen versehen.
Im Frankfurter Bahnhofsviertel waren im Erdgeschoss zumeist Geschäfte und in der ersten Etage die sog. „Bel Etage“ (das „schöne Geschoss“), die dem wohlhabenden Bürgertum vorbehalten war. Dementsprechend war die Außenfassade geschmückt und die Geschosshöhe ungleich höher als die der übrigen. Die oberen Stockwerke galten den Bediensteten bzw. Arbeitern und sind deutlich einfacher gehalten.
Je höher man sich im Gebäude befand, desto niedriger war die soziale Stellung.
Der geschossige Aufbau der Gebäude sollte mit der Fassade den sozialen Status der Bewohner widerspiegeln. Die Hinterhöfe wurden teils als Wohnquartiere, teils als Arbeitsstätte für die Arbeiter verwendet (Stichwort: Mietskasernen).
Laufe der Zeit entwickelte sich das Bahnhofsviertel zum Rotlicht‐Viertel, aufgrund des nahegelegenen Bahnhofes und dem damit verbundenen Durchgangsverkehrs. Diese Situierung des Rotlicht‐Milieus nahe zentraler Durchreiseorte wie Bahnhöfen ist in fast jeder Großstadt aufzufinden. Dies liegt u. a. am hohen Anonymitätsfaktor. Dabei darf die Kriminalität in diesem Zusammenhang nicht außer Acht gelassen werden, vor allem die Rauschgiftkriminalität, die neben der Prostitution eine enorme Rolle spielt.
Das Bahnhofsviertel war lange Zeit auch wegen der Drogenproblematik in Verruf. Bis heute ist Frankfurt die Stadt mit den meisten Rauschgiftdelikten in Deutschland.
In den 70er und 80er Jahren befand sich die Drogenszene im Park um die Taunusanlage. Die Drogen wurden dort täglich von hunderten Drogenabhängigen in der Öffentlichkeit konsumiert. Die Stadt entschied sich für eine repressive Drogenpolitik und versuchte die Szene zu zerschlagen. Jedoch wurden dadurch der Drogenkonsum und die Drogensüchtigen nur verdrängt, das Problem wurde nicht gelöst.
Seit den 90ern versucht die Stadt eine unterstützende Drogenpolitik. 1994 wurde im Bahnhofsviertel der erste Druckraum Deutschlands eröffnet. Mittlerweile gibt es in Frankfurt vier Konsumräume, die ein wichtiger Teil des Drogenhilfe-Programms „Frankfurter Weg“ sind. Neun Millionen Euro investiert die Stadt jährlich in die Drogenhilfe.
Durch die Eröffnung von Druckräumen und mit der Hilfe von Sozialarbeitern wurden die Straßen größtenteils von Drogengeschäften befreit. Darüber hinaus erhöhte man die Sicherheitsmaßnahmen (Wachpersonal und Videokameras) für den Hauptbahnhof. Man versuchte jedoch vergebens das Rotlicht‐Milieu zu verlagern.
Heute scheint das Bahnhofsviertel einem Wandel der Aufwertung zu unterliegen (auch: Gentrification; Gentrifizierung: Quellen: Holm, A. (2016): Gentrification. In: Belina, B., M. Naumann und A. Strüver (Hrsg.): Handbuch Kritische Stadtgeographie: 102-107. Gregory, D., R. Johnston, G. Pratt, M. Watts und S. Whatmore (2009): The Dictionary of Human Geography. Oxford (Wiley-Blackwill).
Quellen:
- http://www.fr-online.de/stadtentwicklung/frankfurtbahnhofsviertel- ende-des-schmuddelimages, 26042926,29115878.html (18.05.2016)
Standort 12: Anlagenring
Frühe Neuzeit - Moderne
Beim Anlagenring handelt es sich um einen ehemaligen Wall, der heute noch als Grünstreifen in der Innenstadt zu sehen ist. Ähnlich wie bei der Staufermauer zuvor (erbaut um 1180) ist auch die während des 17. Jahrhunderts erbaute Wallanlage zum Schutz der Stadt angefertigt worden; eine Schutzmaßnahme, die in der frühen Neuzeit in zahlreichen europäischen Städten zum Vorschein kam.
Befestigungsanlage um 1770 (Städtische Historische Kommission (Hrsg.): Bildatlas zur Geschichteder Stadt Frakfurt am Main. Verlag Wolfgang Weidlich, Frankfurt am Main 1976. Unveränderter Nachdruck der Ausgabe von 1916, S. 18)
Hintergrund dieser Entwicklung sind vor allem die Hegemonialkriege, wie bspw. der Dreißigjährige Krieg (1618‐1648). Während die mittelalterliche Mauer verhältnismäßig dünn, aber hoch war, um das Einfallen von Feinden zu verhindern, ist der Schutzwall (Beginn 1628) in der frühen Neuzeit typisch gezackt und mit sehr massiven Mauern versehen. [Die Bauweise wurde von einem franz. Festungsbaumeister namens Sébastian Le Prestre de Vauban geprägt.]
Dies hatte im Wesentlichen militärstrategische Hintergründe, denn die Waffentechnik hatte sich gravierend verändert. Die Mauern mussten eine gewisse Dicke aufweisen, um Geschossen stand zu halten. Die „Zacken“ wiederum ermöglichten die eigene Mauer aus verschiedenen Winkeln zu verteidigen, somit wurde der Verteidigungsradius erheblich vergrößert. Wenig später verfällt jedoch der Verteidigungswert, da die Waffentechnik weitere Fortschritte zu verzeichnen hatte (Artillerie usw.).
In der Folge wandelte sich erst das Festungsvorfeld in eine Gartenlandschaft bzw. baumbestandene Boulevards und später auch die Wälle selbst. 1804 wurde mit der Schleifung des Walls begonnen, die dann 1806 von den franz. Besatzern endgültig forciert wurde.
Im sog. „Wallservitut“ wurde eine Baubeschränkung für das ehemalige Wallgelände festgelegt. Diese Baubeschränkung gilt auch heute noch. Es gibt nur wenige Ausnahmen, die diese überschreiten: 1840 , 1880 , 1889 .
Heutige Funktion des Anlagenrings: Heute dient der verbliebene Grüngürtel vor allem Naherholungszwecken und hat darüber hinaus eine positive Wirkung auf das Stadtklima. Generell sind für Städte folgende Merkmale bezüglich deren Klima festzuhalten:
- höhere Temperaturen, bedingt durch die höhere Wärmekapazität von Gebäuden und versiegelten Flächen, Wärmeemissionen von Heizungen, Verkehr und Industrie, verminderte Wärmeausstrahlung („Wärmeinsel“, „Dunstglocke“); Anreicherung von Spurengasen und Staub;
- Luftaustausch wird bei Städten in Tallage (bspw. Frankfurt) durch Inversionen verhindert (s. Stadtklima);
- erhöhte Niederschläge durch Aerosole (als Kondensationskerne), wobei der Grundwasserspiegel aufgrund des erhöhten oberflächlichen Abflusses abgesenkt wurde.
Die Vegetation sorgt im Sommer für Kühlung durch Schattenwurf und Transpiration (begünstigt kleinräumige Zirkulation und Luftaustausch; Hemmung des Wärmeinseleffektes). Zugleich hat sie auch eine Filterwirkung (z. B. Staub) und dämpft den Verkehrslärm. Auch wenn die Wirkung auf das Stadtklima nur begrenzt ist (d. h. in jahreszeitlicher und räumlicher Hinsicht), ist allein die psychologische Wirkung (der Erholung) schon ausschlaggebend für die Erhaltung.
Standort Zusammenfassungen
Standort 1: Römer
- Mittelalterliche Stadtentwicklung und Wiederaufbau
- Historischer Kern der Stadt
- Römer als zentraler Ort des öffentlichen Lebens
- Frage des Wiederaufbaus -> Orientierung am historischen Leitbild
Standort 2: ehemaliges Technisches Museum
- Römerzeit
- Mittelalter vs. Moderne
- "New Brutalism"
- Problematik: Wie sollte der Platz gestaltet werden, nachdem das Rathaus abgerissen wurde? -> Orientierung am historischen Leitbild
Standort 3: Deutschherrnviertel
- Moderne
- ehemaliger Schlachthof und Neugestaltung des Arals -> Flächenredycling, Konversionsfläche
- Leitbild der kompakten Stadt
- Wohnen am Wasser
- Soziale Segregation
Standort 4: Altsachsenhausen
- Mittelalter und moderne Nutzung
- ältestes noch zusammenhängendes Viertel in Frankfurt
- Erhaltungssatzung -> Orientierung am historischen Leitbild
- Frage der Nutzung und der Möglichkeiten einer Stadt privates Wohneigentum aufzuwerten
Standort 5: Museumsufer
- Moderne
- Statimage, Stadtmarketing, Festivalisierung
- Harte und weiche Standortfaktoren
Standort 6: Eiserner Steg
- Industrialisierung -> Stahl- und Nietenbauwerke
- Push- und Pull-Faktoren -> Urbanisierung
- Eingemeindungen
Standort 7: Berliner Straße
- Mittelalter bis Moderne
- Leitbild der Autogerechten Stadt
- Trennung der Grunddaseinsfunktionen
- Mobilisierung
- Wohnraum nach dem Krieg schaffen
Standort 8: Zeil
- Mittelalter bis Moderne
- Abkehr vom Leitbild der autogerechten Stadt
- Problematik der Suburbanisierung (Austerben der Innenstädte)
- Einkaufscetren auf der "Grünen Wiese"
- Einzelhandel und Filialisierung
Standort 9: Kaiserplatz
- Moderne
- Frankfurt als Finanzplatz
- Historische Hintergründe -> Markt, Handelsplatz, Messen, Börse, Verkehrsknotenpunkt...
- Deutsche Bundesbank, EZB
- Hochhäuser -> Commerzbank-Tower
Standort 10: Basis / Dreimorgen
- Zwischennutzung
- Leerstand
Standort 11: Bahnhofsviertel
- Gründerzeiit / Industrialisierung und Moderne
- Geplates Viertel
- Hauptbahnhof (und ehemalige Westbahnhöfe)
- Gründerzeitliche Bebauung
- Rotlicht-Milieu und die damit verbundene Problematik
- Gentrifizierung
Standort 12: Anlagenring
- Frühe Neuzeit
- Befestigungsmaßnahmen -> Schutzwall
- Schleifung und Wallservitut
- Stadtklima -> positive Wirkung, Naherholung ...
Weiterführende Literatur:
- ENGELHARDT, Jürgen (1990): Frankfurt – Ein Jahrhundert Stadtgestaltung im Vergleich, München (Heinrich Hugendubel Verlag)
- FASSMANN, Heinz (2004): Allgemeine Stadtgeographie, Braunschweig (Westermann Schulbuchverlag GmbH).
- GEBHARDT, Hans; GLASER, Rüdiger; RADTKE, Ulrich; REUBER, Paul (Hrsg.) (2007): Geographie: Physische Geographie und Humangeographie, München (Spektrum, Akad. Verl.).
- HEINEBERG, Heinz (2007): Einführung in die Anthropogeographie/Humangeographie, 3., überarb. und aktualisierte Aufl., Paderborn [u. a.] (Schöningh).
- HEINEBERG, Heinz (2006): Stadtgeographie, 3., aktualisierte und erw. Aufl., Paderborn [u. a.] (Schöningh).
Skript:
erstellt von David Hester überarbeitet von Jan Kemper und Jens Schreiber, unter Mithilfe von Lisanne Petry, Oktober 2014 überarbeitet von Jens Schreiber, unter Mithilfe von Lukas Frucht, Mai 2016