Der Templerprozess

Der Niedergang des Templerordens

Der Templerorden wurde 1118 im Königreich Jerusalem gegründet. Er war der erste Orden, der die Ideale des adligen Rittertums mit denen des Mönchtums vereinte, zweier Stände, die bis dahin streng getrennt waren. Der Templerorden war somit auch der erste Ritterorden und während der Kreuzzüge eine militärische Eliteeinheit, dem Papst direkt unterstellt. Auf Druck des französischen Königs Philippe IV. wurde der Orden nach einem langwierigen, aufsehenerregenden Templerprozess von Papst Clemens V. am 22. März 1312 auf dem Konzil von Vienne aufgelöst.

Dieser Templerprozess soll mit der folgenden Story Map veranschaulicht werden

Frankreich

In Frankreich begann der Templerprozess:

Am 14. September 1307 beschließt Philippe IV., König von Frankreich, die Verhaftung der Templer, wegen vermeintlichen Verdachts der Häresie. Das folgende erste Verfahren wurde auf Grundlage von Anklagen der Christus-Verleugnung und Götzenanbetung angesetzt, wobei auf Geständnissen insistiert wurde, wenn nötig mit Folter.

Ab dem 19. Oktober 1307 fand das zweite Verfahren, mit deutlichen Einschränkungen für die Angeklagten gegenüber traditionellen Prozessformen (summarisches Verfahren), statt, worauf die 138 Gefangenen im Temple von Paris mit der Ausnahme vierer Brüder die vorgeworfenen Verbrechen gestanden.

Am 24. Oktober 1307 fand das erste Verhör des Großmeisters Jacques de Molay statt, vier Tage später trat er in einer Universität auf und forderte seine Mitbrüder zum Geständnis auf, vermutlich, um jene vor Folter zu schützen.

Weil Papst Clemens V. zuvor gegen die Verhaftung der Templer protestierte, begannen Geheimverhandlungen zwischen ihm und Philippe IV., welche am 22. November mit dem Beschluss der länderweiten Verhaftung, aber auch Auslieferung von Templern an die Kirche endeten (Bulle Faciens misericordiam).

Ab dem 28. Juni 1308 wurden, im Rahmen des dritten Verfahrens, 72 Templer dem Papst und einer Kardinalskommission vorgeführt. Diese waren nach den Aussagen der Templer von deren Schuld überzeugt und bestimmten, dass den Bischöfen der einzelnen Kirchenprovinzen auf Diözesankonzilien erlaubt ist, gegen die Ordensmitglieder vorzugehen.

Ab Februar 1310 präsentierten sich 560 Templer in Paris, die den Orden verteidigen wollten und nach einer neuen Liste von 128 Anklagepunkten befragt wurden. Doch am 12. Mai desselben Jahres verurteilte der Erzbischof von Sens, Philippe de Marigny, Vorsitzender der Diözesankommision, 54 Ordensbrüder, die ihre Geständnisse widerriefen, zum Tod auf dem Scheiterhaufen. Am 18. März 1311 befahl Papst Clemens V. allen kirchlichen und weltlichen Fürsten eine strengere Anwendung der Folter um die noch nicht geständigen Templer zum Geständnis zu bewegen. Viele von denen, die früher den Orden entlastet hatten, machten nun zumindest teilweise Geständnisse.

Der Prozess außerhalb der französischen Kronlande

Die Geständnisse der Templer aus den ersten beiden Verfahren in Frankreich, zunächst vor den Beamten des Königs, dann vor der Inquisition, dienten als Grundlage für die Ausformulierung einer Liste von 88 Anklagepunkten, die 1308 für die Diözesankommissionen aller Länder Europas des dritten Verfahrens redigiert wurde.

Besagte Diözesankommissionen sind dabei Personengruppen, die sich innerhalb einer Diözese (bzw. Bistum) mit den Templern befassen beziehungsweise gegen sie vorgehen.

Rechts Papst Clemens V. und Philippe IV. links.

In den folgenden Artikeln sind die Geschehnisse des Templerprozesses auf europäischer Ebene dokumentiert.

Italien

In Italien fand der erste Verfahrensgang in Florenz 1310 statt, doch erst im zweiten Verfahrensgang, unter Anwendung stärkerer Folter, machten sechs der Templer teilweise belastende Geständnisse, welche sofort zum Provinzialkonzil gesendet wurden.

Im Januar 1311 wurde in Ravenna die Diözesankommission eröffnet, doch alle angeklagten Templer verneinten die Vorwürfe und eine Folter wurde abgelehnt.

Das Verfahren der Kommission für das Patrimonium Petri und Spoleto begann Oktober 1309 in Rom im Kloster S. Bonifacio ed Alessio. Nachdem Templer und nicht Ordensangehörige in Rom, Aquila und Penna verhört wurden, gestanden vier Templer aus dem päpstlichen Gefängnis Viterbo, vermutlich unter Einfluss der Folter, verschiedene Verbrechen.

In Neapel und der Grafschaft Provence wurden Templer 1308 arrestiert und 1310 ein Verfahren eingeleitet, in welchem aber nur zwei Servienten aussagten, möglicherweise wurden die übrigen entlastenden Aussagen abermals nicht notiert. Die Arbeit der Kommission endete ohne Ergebnis.

Iberische Halbinsel

Im August 1308 wurden Kommissionen für Leon, Kastilien und Portugal ernannt, doch trotz für die Templer ungünstiger Aussagen von fünf Nichtordensangehörigen, sprach sich ein Konzil in Salamanca 1310 für die Unschuld des Ordens aus.

Im Königreich Aragon (Valencia, Katalonien) begannen die Templer ihre Burgen in den Verteidigungszustand zu versetzen, nachdem König Jayme II. sich nicht deutlich genug für einen Schutz des Ordens ausgesprochen hatte und am 1. Dezember 1307 befahl Jayme II. seinerseits die Verhaftung der Ordensbrüder. Die anschließenden Belagerungen der Festungen Peniscola, Burriana, Coves, Miravet, Monzon, Chalamera, Cantavieja und weiterer kleiner Burgen, war für Jayme II. erfolgreich.

Nachdem damit die Festungen der Templer in den Besitz des Königs fielen, wurden alle Ordensbrüder inhaftiert und der Prozess konnte 1310 beginnen. Von diesem sind noch 34 Protokolle erhalten, die den Orden entlasten und auch von den im Januar 1310 verhörten 25 Templern der Komturei von Mas Dieu sind nur für sie günstige Zeugnisse erhalten und obwohl die Abschlusssentenz 1312 des Konzils von Vienne schon gesprochen war, wurden noch einmal acht Templer unter Anwendung der Folter vor ein Tribunal gestellt, ohne ein einziges vorgeworfenes häretisches Verbrechen zu finden, womit alle Ordensmtglieder freigesprochen wurden und in andere monastische Orden eintreten durften.

Ein Großteil der ehemaligen Besitzungen der Templer ging nicht – wie der Papst es forderte – an die Johanniter, sondern an einen von König Jayme II. neugegründeten Orden: der Orden von Montesa.

England

Obwohl Edward II., König von England, die große Reputation der Templer lobte und ankündigte die Templer zu schützen, befahl er ein Jahr nach den Verhaftungen der Templer in Frankreich seinerseits die Verhaftung in England. Im Zuge dessen wurden 150 Templer festgenommen, unter ihnen zwei Provinzmeister, und ohne Anwendung der Folter verhört. Der Erzbischof von Canterbury verkündete außerdem die Exkommunikation aller, die den Templern zur Flucht verhelfen. Weil von Oktober bis November 1309 in London weitere 43 und später von Januar bis März des nächsten Jahres 34 Templer ohne Anwendung der Folter und ohne belastende Geständnissen examiniert wurden, bezichtigte Papst Clemens V. den englischen König der Nachlässigkeit und ordnete die Folter an.

In Vorbereitung einer geplanten Synode 1311 kamen neue Anklageartikel wie die Leugnung der ewigen Seligkeit oder der Transsubstantiation zum Einsatz und im April desselben Jahres wurde eine Vielzahl an Laien und Mitgliedern von Bettelorden befragt, auch ohne Erfolg. Nach einer zweiten Synode in York konnte man im Juni/Juli 1311 im Rahmen einer weiteren Synode in London drei belastende Geständnisse von zwei ehemaligen Templern und dem Schatzmeister des Temple in London erzielen.

Auf dessen Grundlage wurde der Orden in England verurteilt und ein Großteil der ehemaligen Mitglieder in Klöster gesandt, bis auf die eingangs erwähnten Provinzmeister, welche in Haft verstarben.

Am 3. Februar 1308 wurden die Templer in Irland verhaftet und deren Güter konfisziert, doch hierbei liegen nur 15 erhaltene Aussagen von Templern in Protokollform vor, unter ihnen ein Provinzmeister und sein Kaplan, welche alle Anklagepunkte abstritten. Auch die Befragung von 43 externen Zeugen brachte keine neuen Erkenntnisse und nach der Auflösung des Ordens 1312 wurden die inhaftierten Templer entlassen, der Provinzmeister auf Kaution.

In Schottland gelang es nur zwei Templer festzunehmen, wobei die moderne Alternativhistorik von einem besonderen Schutz der Templer durch den berühmten König Robert Bruce ausgeht.

Deutschland

In der Templerprovinz Deutschland, welche die heutigen Gebiete Deutschlands samt Elsaß, Tschechien, Polen und Österreich umfasst, leistete König Albrecht I. der Forderung der Verhaftung der Templer keine Folge, dennoch begann auch hier das Diözesanverfahren.

Noch vor Faciens misericordiam, ließ der Erzbischof von Magdeburg, Burchard III., die Templer seines, aber auch des Bezirks Halberstadts verhaften. Daraufhin verschanzten sich die Templer aus der Komturei Gehofen in der Burg Beyernaumburg und Burchard III. musste eine nahegelegene Kirche befestigen lassen, um jene Burg zu belagern. Er wurde anschließend von Bischof Albrecht von Halberstadt unter anderem wegen Zweckentfremdung dieser Kirche exkommuniziert. So wurde am 19. November 1308 ein Vertrag mit Burchard III. und den Templern ausgehandelt, der maßgeblich Friedrich von Alversleben, Provinzmeister von Deutschland und Slawien, zu verdanken ist und besagt, dass die Sicherheit der Templer gewährleistet ist.

Obwohl die meisten Prozessakten des deutschen Verfahrens verloren gegangen sind, weiß man, dass die Templer hier viele Freunde besaßen. Zwar tagte am 11. Mai 1311 im Kapitalsaal des Mainzer Domes eine Synode, doch niemand der Anwesenden zeigte Neigung gegen die Templer vorzugehen, auch nicht gegen 20 bewaffnete Ordensbrüder, die sich überraschend in der Sitzung einfanden, um gegen die Verhaftung ihrer Mitbrüder zu protestieren. Weitere 49 Zeugen, unter ihnen vermutlich 37 Templer, wurden vernommen. Diese sagten zugunsten des Ordens aus, weshalb sich das Mainzer Konzil, gegen den Willen des Papstes, für die Unschuld der Angeklagten aussprach. Nach dem Konzil von Vienne wurden die Ordensmitglieder gezwungen ihre Güter zu verlassen.

In der östlich der Oder gelegenen Naumark sind auch keine Verfolgungen der dortigen Templer bekannt, da der Prozess hier nur wenige Spuren in der Geschichtsschreibung hinterließ. Ehemalige Ordensangehörige waren weiterhin in geistlichen Diensten und deren Güter gingen zum Teil an die Johanniter.

Zypern

Als der Bischof von Limassol und Administrator der Kirche in Nicosia auf Zypern den päpstlichen Befehl erhielt gegen die Templer vorzugehen, aber bemerkte, dass diese entschlossen waren sich zu verteidigen, wandte er sich an Amaury von Tyrus, den Regenten der Insel. Dieser entwaffnete die Templer innerhalb eines Monats mit verschiedensten Versprechungen, wodurch die Güter der Templer konfisziert und Kirchen geschlossen werden konnten.

Anschließend begann das Verfahren gegen die Templer, wobei 1310 21 Aussagen externer Zeugen und 76 Aussagen von Ordensbrüdern aufgenommen wurden. Diese verneinten alle Anklagepunkte und die Zeugen berichteten von der heroischen Verteidigung des Heiligen Landes durch die Templer und sogar einem Hostienwunder, um den Glauben der Brüder zu bestätigen.

Die Bulle Vox in excelso & der letzte Akt in Paris

Die Diözesankommissionen führten ihre Arbeit gegen die Personen des Ordens auch noch nach dessen offizieller Aufhebung fort, die auf dem Generalkonzil von Vienne mit der Bulle Vox in excelso am 22.3.1312 ausgesprochen wurde. Die Bulle Ad providendam vom Mai desselben Jahres sprach beinahe alle Güter des Templerordens den Johannitern zu.

Das Verfahren gegen Jacques de Molay und die anderen obersten, in Frankreich inhaftierten, Würdenträger wurde im Dezember 1312 einer Kardinalskommission übertragen. Sie fällte ihr Urteil, das auf lebenslänglichen Kerker lautete. Daraufhin widerriefen Jacques de Molay und der Provinzmeister der Normandie, Godefrois de Charny, am 18.3.1314 öffentlich all ihre früheren Geständnisse und erklärten die Unschuld des Ordens. König Philippe IV. ließ sie noch am selben Abend auf einer Insel verbrennen, wobei Molay einen legendären Fluch ausgestoßen haben soll, der den Tod des Papstes und des Königs samt seiner Familie innerhalb eines Jahres prophezeite.

Gründe für den Prozess

Hintergründe für die Diffamierungskampagne gegen den Templerorden durch Philippe IV., sind unter anderem seine finanziellen Probleme, verursacht durch einen kostenintensiven Staatsumbau und mehrere Kriege: gegen Aragon, Flandern und England. Wie bei der vorher durchgesetzten Besteuerung des Adels und der Sonderbesteuerung sowie Vertreibung der Juden, war Philippe IV. an den Besitztümern und Geldern der Templer, welche zusätzlich eine der zwei Staatskassen im Temple von Paris verwalteten, interessiert. Zum Anderen glaubte er, gleichzeitig gegen das Problem der dem Papst unterstellten, autarken Orden vorzugehen.

Außerdem hatte der Orden zudem das Pech, seiner eigentlichen Daseinsberechtigung – der Verteidigung der Christen und der Heiligen Stätten in Palästina – nicht mehr nachkommen zu können. Der letzte Rückeroberungsversuch mit Beteiligung des Ordensmeisters Jacques de Molay war 1302 kläglich gescheitert. Während es den Johannitern gelang, sich auf der Insel Rhodos eine neue Operationsbasis mit Blickpunkt Orient zu erobern, verlegten die Templer den Ordenssitz nach Paris.

Die Frage ob König Philippes inszenierte Diffamierung der Templer letztlich finanziell erfolgreich war, ist zwiespältig zu beantworten, da der Papst die meisten Besitztümer des Ordens den Johannitern zuschrieb und Philippe IV. nur ersatzweise 200.000 Livres für die Güter und 60.000 Livres als Unkostenentschädigung für den Prozess erhielt.

Beträchtlicher als diese eher magere Ausbeute war der Schaden auf kirchenpolitischer und spiritueller Ebene. Nicht von ungefähr leitet der Templerprozess in die Epoche des Avignonesischen Papsttum über. Bis dahin als Grundlage der Weltordnung aufgefasste Werte waren unwiderruflich zerstört worden.

A. NAPP, Der Prozess, in: M. BREITENSTEIN (Hg.), Templerlexikon, Dresden 2022:  URL .